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Wie ich einstmals ausgestellt wurde …

oder der fenestrale Zufallstreffer

Es war einmal ein Achtklässler (oder war es doch erst in der Neunten gewesen?), der war zeichnerisch gar tiefbegabt (und ist es auch heute noch). Nun begab es sich aber, daß sein Kunsterzieher am hiesigen Gymnasium der Klasse den Auftrag erteilte, malerisch einmal den Zufall walten zu lassen. Die absolute Freiheit also, die freilich auch überfordern kann: was soll man denn da so spontan auf den Bogen Papier pinseln? Andererseits war unser Held unbewußt wohl auch nicht unglücklich darüber, nichts Gegenständliches anfertigen zu müssen. So hub er denn an, planvoll planlos mannigfarbig über die Leinwand zu wischen. Alsbald schlich der schon etwas gebrechliche Lehrer zur Begutachtung durch die Reihen des Kunstraumes. Wie er dann bei unserem Anti-Künstler angelangt war, ließ er sich, wohl einer spontanen Eingebung folgend, das Malinstrument aushändigen, um mit unvermuteter Beweglichkeit hin und her, hoch und runter über das werdende akzidentielle Gemälde zu streichen. Und hieß seinen Eleven weitermachen.

Der artifizielle Zufall hatte mittlerweile eine leicht impressionistische Anmutung gewonnen. Hier und da schimmerte noch die Grundfarbe des Bogens, violett, durch. Im Zentrum freilich zerflossen die Farben in eine eigentümlich changierende Melange von Grün- und Ockertönen – mal mit gelb, mal mit orange und was weiß ich noch alles verschmelzend. Und damit unversehens an das frühlingshafte Farbenspiel der Natur erinnernd.

Der alte Meister fand jedenfalls Gefallen an dem grünlich schillernden Teppich seines Schülers. Der Randstreifen indes ward bis dato seltsamerweise unberührt geblieben. Was lag da also näher, als einen gräulich verwischten Rahmen anzulegen? Der jugendliche Pinselschwinger fügte schließlich noch zwei sich kreuzende Balken in das Rechteck ein, welche sich flüchtig bloß von der grünenden Flur abhoben. Und fertig war der Blick aus einem Fenster auf eine üppig sprießende Frühlingslandschaft. So weit, so gut.

Es war dann wieder einige Zeit ins Land gegangen, der fenestrale Zufallstreffer beinahe schon wieder in Vergessenheit geraten. Da begab es sich, daß das Zentenar der höheren Lehranstalt, an welcher der Schreiber dieser Zeilen sich mehr oder weniger talentiert durch die Schuljahre lavierte, ins Hause stand und angemessen begangen werden sollte. Und urplötzlich fand sich unser offenbar doch nicht gänzlich talentfreier Nachwuchs-Kunstmaler mit seiner spontanen Frühlingsimpression im Schaufenster des lokalen Buch-Großsortimenters ausgestellt. Ohne eigene Kenntnis, wie es sich denn dann tatsächlich zugetragen hatte, Man kann sich vorstellen, daß unser Jüngling bis dato noch nie mit mehr Stolz erfüllt war, als wie er sein eigenes Kunstwerk, nun noch dazu schön gerahmt, überraschend in aller Öffentlichkeit bewundern durfte.

Doch damit nicht genug. Sein inzwischen ehemaliger Kunsterzieher ließ unserem Erzähler gar die frohe Botschaft zukommen, daß sich drei Angestellte ebenjenes Buchhauses um einen Ankauf seiner floralen Aussicht bewarben. Der unverhofft begehrte Künstler traf sich dann auch tatsächlich mit einer potentiellen Kaufinteressentin. Jene zeigte sich allerdings nicht bereit, ein konkretes Angebot abzugeben, vielleicht ein verabredetes Manöver? Wie dem auch sei, der so Umworbene bat sich darob eine Bedenkzeit aus. Und unterzog sich, darin unterstützt von seiner Familie, einer gewissenhaften Selbstprüfung. Die alsbald in eine wohlbegründete Entscheidung mündete. Ein kurzfristiger, allerdings unbestimmter Geldsegen mochte ja schön und gut sein. Doch würde bei einem allfälligen Verkauf der wohl kurze, aber umso beglückendere Auftritt im Schaufensterlicht nicht bloß Episode geblieben sein und als solche unweigerlich rasch wieder in Vergessenheit geraten? Würde sich der Artist sofalls nicht um ein an sich unbezahlbares, da unwiederholbares Stück (assistierten) persönlichen Ausdruckes gebracht haben? Wogen endlich der Stolz, ja, auch eine gewisse Dankbarkeit nicht schwerer? Gedacht, getan. Aus tiefer Überzeugung beschied also der erfolgreiche Dilettant die geneigte Kundschaft, er wolle das Exponat nicht dem Kommerz opfern, sondern seinen Erstling behalten. Bis heute bereute er seine damalige Entscheidung auch nie. Der fruchtbare Ausblick hat seitdem seinen verdienten Ehrenplatz im Schlafzimmer seines Schöpfers und kündet dort auf immer von einem außergewöhnlich sehenswerten Zufall …

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Der fenestrale Zufallstreffer

Gemälde & Photographie © LuxOr

Verrenkungen im Namen Gottes?

An sich durchaus begrüßenswert, daß die sächsische Staatsregierung die öffentliche Abhaltung von Gottesdiensten wieder erlauben möchte. Die Ungleichbehandlung zwischen kommerziellem Götzendienst und transzendentem Gottesdienst war dann doch zu eklatant. Wenn man aber böse sein mag, kann diese Entscheidung der Exekutive nicht allzu viel Kopfzerbrechen bereitet haben; finden sich im Osten doch deutlich weniger (Buch-)Christen. So daß es mit der Einhaltung eines Mindestabstands wohl kaum Probleme geben dürfte.

Zugleich verordnet Dresden allerdings eine allgemeine Masken- und Mundschutzpflicht. Man mag sich nun gar nicht vorstellen, welch akrobatische Verrenkungen das allfällige Feiern des Abendmahls beziehungsweise der Kommunion unter diesen Vorzeichen dann zeitigt …

 

Der Gemeinschaft in den A… getreten!

Was ist die ganze Solidargemeinschafts-PR auch über den engeren Bereich des eigenen Metiers hinaus denn wert, wenn die Fußball-Bundesliga auf Biegen und Brechen ihr Gekicke und Getrete wieder aufzunehmen gewillt ist, dabei aber anscheinend völlig außer Acht läßt, daß sie, um die Wiederaufnahme des Spielbetriebs überhaupt bewerkstelligen zu können, derzeit ohnehin rare Gesundheits-Ressourcen, die schwächeren und bedürftigeren Gliedern der Gemeinschaft folglich abgingen, vornehmlich für sich reklamiert. Zumal der Ball auch bis zum Geht-nicht-Mehr rollen mußte, als das gesellschaftliche Leben schon deutlich zum Erliegen kam. Wobei mancher Fußball-Verantwortliche noch die Chuzpe besaß und ganz alternativlos forderte, die Saison müsse unbedingt zu Ende gespielt werden. Da verhielt sich das bundesdeutsche Eishockey schon deutlich aufgeweckter.

Der Profisport, an sich schon ein Widerspruch in sich, und dabei insbesondere der Fußball, ist viel zu lange schon viel zu abgehoben – man erinnere sich bloß an goldige Autos, Gold-Steaks, extra eingeflogene „Star“-Friseure, horrende Ablösesummen und TV-Gelder (diese werden im Übrigen nicht gleichmäßig unter den Bundesligisten verteilt, wie ich in unbekümmerter Naivität lange selbst vermutete, sondern gestaffelt mit den Bayern an der Spitze und Paderborn am Tabellenende: Wer hat, dem wird gegeben …), perverse Gehälter etc. pp. Vielleicht geht das nun dem ein oder der anderen auch einmal auf. Allein der belgische Fußballverband tat das einzig Richtige und brach die laufende Saison umgehend ab. Was wiederum die UEFA ob dieses Alleinganges und Präzedenzfalles erzürnen ließ. Fürchtet sie doch um ihr Melkmaschinen-Spektakulum von CL und EL. Weißrußland kickt da schon eher nach ihrem Geschmack weiter. Daß dorten ein Autokrat am Ruder steht – geschenkt. Auch auf die EM, diese Fortführung des Krieges mit anderen Mitteln, kann man folglich völlig verzichten. Die schönste Nebensache der Welt, das war vielleicht einmal …

Sollte es aber doch noch so weit kommen, daß der Staat dem Sport großzügige Unterstützung gewährt, dann bitteschön nicht den privatwirtschaftlichen Großunternehmen und den mit ihnen eng liierten Medienanbietern für ihr opiates Produkt, sondern den sich ehrenamtlich verdient machenden kleinen Vereinen vor Ort und auf dem platten Lande, die einen unschätzbaren Dienst für die Allgemeinheit leisten und damit tatsächlich „system-relevant“ sind. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sollten es daher fürderhin auch unterlassen, TV-Rechte für als Sportveranstaltungen deklarierte Glitzer-Shows zu erwerben. Denn für eine derartige Eventualisierung möchte ich keinen Rundfunkbeitrag bezahlen, zumal die Vergaben nach Rußland bzw. Quatar noch immer im Verdacht stehen, verschaukelt worden zu sein ..