Archiv der Kategorie: Geschichten

Wie ich einstmals ausgestellt wurde …

oder der fenestrale Zufallstreffer

Es war einmal ein Achtklässler (oder war es doch erst in der Neunten gewesen?), der war zeichnerisch gar tiefbegabt (und ist es auch heute noch). Nun begab es sich aber, daß sein Kunsterzieher am hiesigen Gymnasium der Klasse den Auftrag erteilte, malerisch einmal den Zufall walten zu lassen. Die absolute Freiheit also, die freilich auch überfordern kann: was soll man denn da so spontan auf den Bogen Papier pinseln? Andererseits war unser Held unbewußt wohl auch nicht unglücklich darüber, nichts Gegenständliches anfertigen zu müssen. So hub er denn an, planvoll planlos mannigfarbig über die Leinwand zu wischen. Alsbald schlich der schon etwas gebrechliche Lehrer zur Begutachtung durch die Reihen des Kunstraumes. Wie er dann bei unserem Anti-Künstler angelangt war, ließ er sich, wohl einer spontanen Eingebung folgend, das Malinstrument aushändigen, um mit unvermuteter Beweglichkeit hin und her, hoch und runter über das werdende akzidentielle Gemälde zu streichen. Und hieß seinen Eleven weitermachen.

Der artifizielle Zufall hatte mittlerweile eine leicht impressionistische Anmutung gewonnen. Hier und da schimmerte noch die Grundfarbe des Bogens, violett, durch. Im Zentrum freilich zerflossen die Farben in eine eigentümlich changierende Melange von Grün- und Ockertönen – mal mit gelb, mal mit orange und was weiß ich noch alles verschmelzend. Und damit unversehens an das frühlingshafte Farbenspiel der Natur erinnernd.

Der alte Meister fand jedenfalls Gefallen an dem grünlich schillernden Teppich seines Schülers. Der Randstreifen indes ward bis dato seltsamerweise unberührt geblieben. Was lag da also näher, als einen gräulich verwischten Rahmen anzulegen? Der jugendliche Pinselschwinger fügte schließlich noch zwei sich kreuzende Balken in das Rechteck ein, welche sich flüchtig bloß von der grünenden Flur abhoben. Und fertig war der Blick aus einem Fenster auf eine üppig sprießende Frühlingslandschaft. So weit, so gut.

Es war dann wieder einige Zeit ins Land gegangen, der fenestrale Zufallstreffer beinahe schon wieder in Vergessenheit geraten. Da begab es sich, daß das Zentenar der höheren Lehranstalt, an welcher der Schreiber dieser Zeilen sich mehr oder weniger talentiert durch die Schuljahre lavierte, ins Hause stand und angemessen begangen werden sollte. Und urplötzlich fand sich unser offenbar doch nicht gänzlich talentfreier Nachwuchs-Kunstmaler mit seiner spontanen Frühlingsimpression im Schaufenster des lokalen Buch-Großsortimenters ausgestellt. Ohne eigene Kenntnis, wie es sich denn dann tatsächlich zugetragen hatte, Man kann sich vorstellen, daß unser Jüngling bis dato noch nie mit mehr Stolz erfüllt war, als wie er sein eigenes Kunstwerk, nun noch dazu schön gerahmt, überraschend in aller Öffentlichkeit bewundern durfte.

Doch damit nicht genug. Sein inzwischen ehemaliger Kunsterzieher ließ unserem Erzähler gar die frohe Botschaft zukommen, daß sich drei Angestellte ebenjenes Buchhauses um einen Ankauf seiner floralen Aussicht bewarben. Der unverhofft begehrte Künstler traf sich dann auch tatsächlich mit einer potentiellen Kaufinteressentin. Jene zeigte sich allerdings nicht bereit, ein konkretes Angebot abzugeben, vielleicht ein verabredetes Manöver? Wie dem auch sei, der so Umworbene bat sich darob eine Bedenkzeit aus. Und unterzog sich, darin unterstützt von seiner Familie, einer gewissenhaften Selbstprüfung. Die alsbald in eine wohlbegründete Entscheidung mündete. Ein kurzfristiger, allerdings unbestimmter Geldsegen mochte ja schön und gut sein. Doch würde bei einem allfälligen Verkauf der wohl kurze, aber umso beglückendere Auftritt im Schaufensterlicht nicht bloß Episode geblieben sein und als solche unweigerlich rasch wieder in Vergessenheit geraten? Würde sich der Artist sofalls nicht um ein an sich unbezahlbares, da unwiederholbares Stück (assistierten) persönlichen Ausdruckes gebracht haben? Wogen endlich der Stolz, ja, auch eine gewisse Dankbarkeit nicht schwerer? Gedacht, getan. Aus tiefer Überzeugung beschied also der erfolgreiche Dilettant die geneigte Kundschaft, er wolle das Exponat nicht dem Kommerz opfern, sondern seinen Erstling behalten. Bis heute bereute er seine damalige Entscheidung auch nie. Der fruchtbare Ausblick hat seitdem seinen verdienten Ehrenplatz im Schlafzimmer seines Schöpfers und kündet dort auf immer von einem außergewöhnlich sehenswerten Zufall …

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Der fenestrale Zufallstreffer

Gemälde & Photographie © LuxOr

Winterfreuden …

Part Tu

Tags darauf, ein Sonntag, war ich in meinem eigenen Revier wieder solo unterwegs.  Zumal ein Gutteil meines Weges kaum mit einem Kinderwagen zu absolvieren gewesen wäre. Die Sonne war mir noch immer hold. Und so stromerte ich zwei Stunden vielleicht die Hotspots einer meiner gewohnten Touren ab. So hatte ich also ein rühriges Wochenende draußen erleben dürfen. Zum Abend hin fuhr ich schließlich noch ins nächste heimelige Kleinstädtle den Fjudscha heimzusuchen, wo ich dann auch übernachtete, Corona machts möglich dank Ausgangssperre.

Wie ich mich dann zwei Tage später wieder gen Westen aufmachte, fiel es mir allerdings siedend heiß ein, daß ich ein eminent wichtiges Vorhaben ja sträflichst unterlassen hatte, nämlich den Wasserstand zu kontrollieren … 🙂 Den zu begutachten steht daher nun ganz oben auf der To-do-List für meinen nächsten Kurztrip nach Hause.

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Photographie © LuxOr

 

Winterfreuden …

Part Wan

Sehnsüchtig erwartet, weilte ich vorvoriges Wochenende mal wieder zuhause am See, um nach dem Rechten zu sehen, den Wasserstand zu kontrollieren und meine Freunde zu besuchen; hübsch nacheinander einenjeden an einem Tag und dabei nie mehr als drei Personen auf einem Fleck. Und auch das Wetter spielte erfreulicherweise mit, die Sonne lachte und zauberte ein besonderes Licht auf die noch winterlich weiße Landschaft. Um diese lange vermisste Atmosphäre – wann war es denn die letzten Jahre kalt genug, einen hübschen Teppich aus Schnee auszulegen, der dann auch noch ein paar Tage liegen blieb? – ausgiebig genießen zu können, verabredeten wir uns auf den frühen Nachmittag. Wir, das sind meine Wenigkeit, die süße kleine Ef, mein Pseudo-Patenkind, und ihre Mama Hetty Wortspeicher (Daß ich dann freilich doch eine halbe Stunde oder so später eintraf, war allein der Tatsache geschuldet, daß ich die Nacht zuvor ganze dreieinhalb Stunden geruht hatte, alles ganz corona-konform, ju no, bloß des Broterwerbs wegen, aber das tut hier nix weiter zur Sache …). Die kleine Ef wurde dann kurzerhand von uns zwangsbeglückt und wohlig eingemummelt in den geländegängigen Kinderwagen geschnallt. Denn laufen wollte sie heuer partout nicht. Vielleicht mußte sie sich auch schlichtweg ein wenig erholen von den ganzen Strapazen der Tage zuvor, denn die weiße Pracht zugeschneiter Straßen und Wege, die kunstvoll bedeckte Natur als kleine Steppkin erstmals selbst zu entdecken und zu erlaufen, mag sicher aufregend sein, aber wohl auch anstrengend und ermüdend. Und dann braucht es eben mal eine Auszeit vom kindlichen Schneegetümmel.

Das Wohngebiet und selbst den ansonsten auch bei wenig ansehnlichem Gewetter sehr beliebten Spielplatz hinter uns lassend, strebten wir also entschlossen dem schmalen Weg dem lauschigen Bächle entlang zu. Und alsbald hatte ich stets die Kamera im Anschlag: Ein Motiv, ein Motiv, ein Motiv! Welch ein Glück, daß ich mit Hetty unterwegs war, gingen wir doch ehedem gemeinsam auf Photo-Pirsch, so daß mir trotz der winterlichen Frische ihr Verständnis sicher war. So erfreuten wir uns am beschaulichen Pfade, an den weiß betupften Wiesen und Wegen und an den Skeletten der Laubbäume, welche die Sonne noch dazu eigentümlich illuminierte. Und während der ganzen Zeit unseres gemächlichen Fortkommens plauderten wir angelegentlich über Gott, viel mehr noch aber über unsere kleine Problemwelt. Die kleine Ef derweil bekam nicht recht etwas davon mit, war sie doch bei unserem Gang über den leicht aufgewühlten Weg sanft in den wohlverdienten Mittagsschlaf gewiegt worden.

Vorne beim Badesee angelangt, der nur leider abgezäunt und also photographisch nicht zugänglich ist, kehrten wir dann nicht etwa schon wieder nach rechts und zurück, sondern wandten uns links gegen das angrenzende Wäldchen. Dorten kamen uns auf breiterem Wege dann auch andere Frischluft-Sonnenanbeter entgegen, in gehörigem Abstand versteht sich. Wieder andere schlossen gar zu uns auf, hatten wir doch keine Eile, gab es doch auch im Haine noch manchen lichten Blick zu entdecken, so eine Art natürliches Rückhaltebecken auf einer Lichtung zwischen zwei Waldabschnitten. Dann allerdings beschleunigten wir langsam unsere Schritte, dunkelte es doch zusehends im Tann. Und die Photo-Finger begannen auch etwas zu frösteln. Wir hoben uns also die große Schleife für dann wieder längere, mildere Nachmittage auf und wandten uns daher gen links. Wo wir nach einigen Minuten schließlich auf einen geteerten Weg gelangten, der uns nach wenigen weiteren Linksschlenkern wieder zurück in das Wohngebiet führte. Die Sonne beleuchtete unseren Rückweg dabei angenehm zartgolden.

 

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Photographie © LuxOr

Bemerkenswerterweise wurde die kleine Ef, die unsere Winterfreude beinah zur Gänze verschlafen hatte, ausgerechnet da wieder munter, als die heimischen vier Wände nahten. Aber dann konnt‘ es ihr nicht schnell genug gehen, mokierte sie sich doch über das allzu bescheidene Tempo ihrer wohligen Sänfte, die liebe Mama solle doch bittschön ein paar Gänge zulegen. Aber vielleicht mag das auch allein an ihrer Vorfreude auf die versprochenen Zimtsterne gelegen haben. Dennoch bewies sie dabei unerwartet großherzig Geduld: Wie ich die betreffende Packung zunächst offenbar an der falschen Stelle zu öffnen versuchte, versicherte sie mir zutraulich: „Der LuxOr, der schafft das!“ Das war mir natürlich Ansporn genug und siehe da, die Sollaufrissstelle ward nun doch gefunden und die Zuckergabe konnte verabreicht werden. Und selbstverständlich bekam ich auch das ein oder andere Sternchen von ihr verehrt.

Aber diese Degustation war noch nicht aller Tage Abend, nein, denn Ef wollte/sollte mir ja noch ihre hübschen Weihnachtsgeschenke präsentieren. Sollte deshalb, weil ich ja insgeheim vermute, da mochte niemand anderes als die Frau Mama einmal die Gelegenheit nutzen und sich künstlerisch-kreativ austoben am Turmbau zu Xyingen. Denn Ef ward mit einem großzügigen Baukasten für eine Kugelbahn beschert worden. Welcher Erwachsene aber gleichfalls zu begeistern weiß. Und Hetty schien mir dabei von vornherein einen großen Wurf im Sinne gehabt zu haben, annähernd ein perpetuum mobile, ein Kreislauf einer Bahn, der seine Fracht, die Kugel, nach ihrem Abschuß über Gefälle, Kurven und Trichter und gar noch eine Wippe wieder in ihre Ausgangsposition zurückbringen sollte, von der aus sie aufs Neue auf ihre Umlaufbahn katapultiert werden sollte – fürwahr eine kühne Konstruktion. (Besagte Wippe erwies sich freilich als Schwachpunkt des Entwurfs, entschied sich die Kugel doch allzu oft für die falsche Seite und fiel aus dem Rahmen. Daher bauten wir hinten noch einen weiteren Trichter an, welcher schließlich in einer Kugelgarage endete.) Ich unterstützte die leitende Architektin und Ingenieurin jedenfalls mit intelligenten Detaillösungen in ihren Bestrebungen, bspw. mit einem gewagten Türendurchbruch gleich zu Beginn. Zwischendurch stellte ich mich aber als Rodeopferdl für Ef zur Verfügung. Wobei ich durchaus reüssierte. Nein, nein, iwo, nicht was Ihr nun vielleicht vermuten tut, ich bin doch kein Unhold und werfe mein Ef-chen ab! Nein, ich verbuchte es vielmehr als Erfolg, daß es ihr unter meinen bockigen Bewegungen nicht gelang, von ihrem Spekulatius, an dem wir uns mittlerweile gemeinschaftlich gütlich taten, zu kosten 😊.

Visuelle Zeugnisse dieses wilden Rittes existieren freilich aus naheliegenden Gründen leider nicht. Dafür aber von der Kugel auf ihrer gewagt-gewitzten Umlaufbahn. Über diesem ungezügelten Spieltrieb geriet uns allerdings beinah die Uhrzeit aus dem Blick, weshalb ich nach wenigen Probeschüssen bloß urplötzlich aufspritzen mußte und mich sputen, um noch einigermaßen vor Schicht im Schacht, sprich: vor der allgemeinen Ausgangssperre ab 20:00h (ja, so eine herrscht in Ba-Wü), aus dem Haus und auf die Straße zu kommen. Also klaubte ich meine weniger als sieben Sachen zusammen und machte mich startklar, während Muttern Wortspeicher auf meine Bitte hin geschwind noch die Kugel in Aktion im Bewegtbild für die Nachwelt festhielt und umgehend weiterleitete. Glücklicherweise langte ich dann ohne Beanstandungen noch knapp im akademischen Viertel wieder zuhause an.

Video © Hetty Wortspeicher

Ein knuffiger Nachmittag und früher Abend mit Kleinkindanschluß war damit viel zu schnell zu Ende gegangen. Aber es war herrlich, sich mit lieben Menschen wieder einmal den Wind um die Nase wehen zu lassen, draußen herumzutigern und auf den Abend noch gemeinsam zu spielen und die Welt um sich herum einfach zu vergessen. Mit wem kann man das sonst?!

 

Weihnachten …

Weihnachten

… wie es wirklich war

War es so?
Maria kam gelaufen
Josef kam geritten
Das Jesukindlein war glücklich
Der Ochse erglänzte
Der Esel jubelte
Der Stern schnaufte
Die himmlischen Heerscharen lagen in der Krippe
Die Hirten wackelten mit den Ohren
Die Heiligen Drei Könige beteten
Alle standen daneben.

 

Oder so?
Maria lag in der Krippe
Josef erglänzte
Das Jesukindlein kam gelaufen
Der Ochse war glücklich
Der Esel stand daneben
Der Stern jubelte
Die himmlischen Heerscharen kamen geritten
Die Hirten schnauften
Die Heiligen Drei Könige wackelten mit den Ohren
Alle beteten.

 

Oder so?
Maria schnaufte
Josef betete
Das Jesukindlein stand daneben
Der Ochse kam gelaufen
Der Esel kam geritten
Der Stern lag in der Krippe
Die himmlischen Heerscharen wackelten mit den Ohren
Die Hirten erglänzten
Die Heiligen Drei Könige waren glücklich
Alle jubelten.

 

Oder so?
Maria jubelte
Josef war glücklich
Das Jesukindlein wackelte mit den Ohren
Der Ochse lag in der Krippe
Der Esel erglänzte
Der Stern betete
Die himmlischen Heerscharen standen daneben
Die Hirten kamen geritten
Die Heiligen Drei Könige kamen gelaufen
Alle schnauften.

 

Oder etwa so?
Maria betete
Josef stand daneben
Das Jesukindlein lag in der Krippe
Der Ochse schnaufte
Der Esel wackelte mit den Ohren
Der Stern erglänzte
Die himmlischen Heerscharen jubelten
Die Hirten kamen gelaufen
Die Heiligen Drei Könige kamen geritten
Alle waren glücklich.

Ja, so!

 

Franz Hohler

 

Frohe Feiertage Euch allen. Auf daß Ihr es andächtig ruhig und behaglich haben möget und trotz allem auch voller Freude und Zuversicht. Gehabt Euch wohl. Liebgrüß und Servus, Euer El

 

Photographie © LuxOr

 

Herbstgelichter Zwo

Anders als noch bei meinem ersten Herbstgelichter handelte es sich hierbei nun tatsächlich um eine lange Wanderung, noch dazu absolviert in rekordverdächtigem Tempo. Denn vor drei Wochen noch bestimmte lange Zeit eine Zweijährige unser Vorankommen. So daß es damals eben bei einem (ausgedehnten) Spaziergängle blieb. Angereichert immerhin – und begleitet von kindlichen Freudenjuchzgern, oder entfuhren die sonoren Urlaute etwa vielmehr der rauhen Kehle des Schreibers dieser Zeilen? 🙂 – mit Steinchenweitwurf und einer ausgelassenen Schaukeleinlage am Badesee. Durchaus existente photographische Evidenz dieser lustvollen Aktivitäten muß hier freilich hinter dem berechtigten Anliegen des Personenschutzes, des Rechts auf Anonymität Dritter, zurückstehen. Der Verfasser hofft diesbezüglich auf das Verständnis der geneigten Leserschaft.

Heuer marschierten dagegen zwei wackere Wandergesellen auf einer spontan ausgewählten Tour vom großen See aus ins Hinterland. Anfangs gar noch mit kurzen Ärmeln, denn für End-Oktober war es doch recht mild. Auch wenn wir beide offensichtlich die einzigen waren, welche derlei Hitzewallungen empfanden. Dann freilich im Wald, da wurds auch uns zusehends kalt.

Strammen Schrittes waren die beide Bürschle da auf jeden Fall unterwegs, insbesondere zum Ende hin. Galt es doch, noch ehe uns die einbrechende Dunkelheit vollends zu umschlingen drohte, dem wild-düsteren Tann gerade noch zu entfleuchen und zumindest die Ränder menschlicher Zivilisation und also den Bereich künstlicher Beleuchtung wiederzugewinnen. Hatten wir doch keiner von beiden eine Hirnbirn im ansonsten gut sortierten Rucksacke deponiert. Daß wir überhaupt in derlei Kalamitäten geraten konnten, war dabei wohl auch dem Umstande geschuldet, daß ein gewisser Herr LuxOr, vielleicht dem ein oder der anderen FollowerIn durchaus bekannt, meinte, ausgiebigst von seiner ordentlichen smarten Kamera Gebrauch machen zu müssen. Fjudscha, sein getreuer Begleiter, derlei Eskapaden durchaus gewohnt, gleichzeitig aber auch ihr freudiger Nutznießer, tastete sich derweil wagemutig, doch immer in Sichweite bleibend, denn man weiß ja nie, ins Dickicht des finsteren Gehölzes vor. Gleichwohl gingen wir ein ums andre Mal fehl, um nicht zu sagen verloren, denn die Wegbeschreibung war alles andre denn eine Offenbarung. Und natürlich kein Netz, nirgends.

Doch mit der Sicherheit des sensiblen Näschens eines Rauhaardackels erspürten wir schließlich doch noch den großen See, welcher, bereits malerisch zur Nacht gebettet, irgendwo vor uns liegen mußte. Und wir vernahmen zudem die anschwellende Geräuschkulisse zuerst der Kreis-, dann der Bundesstraße, terra cognita also, welche wir ungezählte Male schon selbst befahren hatten. Unsere Schritte wurden wieder sicherer und unsere Gemüter hellten sich merklich auf. Denn auch wenn wir es uns gegenseitig nicht anmerken ließen, war die Erleichterung, wie wir wenig später die ersten bekannten Behausungen passiert hatten, doch groß, daß wir nicht elendiglich und auf Nimmerwiedersehen verschütt gegangen waren. Mein altes, indes nicht schwaches Wägelchen, Knudi geheißen, blinkte daher auch erleichtert und hocherfreut zweimal auf, als er unser wohlbehalten wieder gewahr wurde.

Hochzufrieden mit uns und der Welt (na, mit der wohl eher doch nicht ganz so …) und im Hochgefühl unserer wanderlustigen Großtat, allen Gefahren der Wildnis auf unserem Gewaltmarsch getrotzt zu haben, fuhren wir sodann in den noch frühen Abend hinein und über Supermarkt und Straßen-Döner unseres Vertrauens an unseren Augsgangspunkt: home, sweet home zurück, wo wir den Tag bei Salzgebäck und Bier, später auch noch einer Bodendecke Whiskey – denn ich mußt ja Knudi noch halbwegs sicher in sein Garagenheim 30 min entfernt überführen können – und ner Kanne Pfefferminztee gemütlich über Männergesprächen und nostalgischen Playlists ausklingen ließen …

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PS: Ein Rekord im Herbst entstand übrigens ebenfalls bei dieser Gelegenheit.

 

Photographie © LuxOr

 

Ein Laptop plaudert aus dem Nähkästchen …

Der folgende kleine Text, an drei, vier Stellen nachträglich noch mit einer weiteren Volte versehen, entstand kürzlich im Rahmen einer Weiterbildung.

 

oder wie Herr Rossi einstmals eine extra-ordinäre Fußball-Poeterei

interpretieren durfte.

Gestatten, Apparillo Rossi, Laptop. Nein, lachen Sie nicht, das ist kein aberwitziger Künstlername, ich heiße wirklich so. Mein Alter tut nichts zur Sache, nur so viel, ich laufe noch unter 8.1. Vom Leben bin ich ganz schön gezeichnet, der Rahmen löst sich an einer Seite vom Bildschirm ab, und als ob das nicht schon genug wäre, ist auch das Scharnier, welches meinen Bildschirm mit meinem Tastaturenrumpf verbindet und mich klappbar macht, an derselben Seite mehr als marode. Mein Chef und Besitzer, nennen wir ihn L. B., gehört freilich zu der Sorte Mensch, welche ein Gerät bewußt solange weiterbenutzt, als es seine Grundfunktion noch problemlos erfüllen kann. Dieses Verhalten meines Chefs finde ich sehr löblich und edel. Auch wenn es bedeutet, daß ich Tag und Nacht aufgeklappt bleibe, was mir nach einer gewissen Zeit eine zarte Staubschicht auf Tastatur und Bildschirm einträgt. Aber das nehme ich gerne in Kauf. Die Wachablösung steht nämlich längst schon bereit. Doch dieser blasierte Zehner schwächelte vorvorigen Freitag (un-)merkbar mikrofontechnisch, hähähä …

Für gewöhnlich ruhe ich auf einem Schreibtisch an der Wand, da fühle ich mich am wohlsten, in meinem Zustand reist man nicht mehr so gerne, you know. Dort herrschen freilich recht beengte Verhältnisse. Auf der Linken erhebt sich ein bunter To-Do-Stapel in einer Ordnungsbox. Auf der Rechten findet sich bisweilen Geknabbere und Getränke. Dahinter liegt eine bunte Sammlung an Stiften parat. Ganz außen beansprucht noch ein Leuchtmittel seinen bescheidenen Platz und fertig ist das Ensemble.

Das letzte größere Schreibwerk, das ich jenseits des Blogs eingetippt bekam, war ein kleiner feiner Aufsatz über ein mehr als seltsames Gedicht. Jenes besteht einzig und allein aus einer Reihe von Namen, welche in einer Art Dreieck angeordnet sind, samt Angaben zu Datum, Ort und Uhrzeit oben und unten. Mein Gebieter brachte es doch tatsächlich fertig, darüber knapp dreitausenddreihundert Wörter zu verlieren! Na, mir soll’s recht sein, Hauptsache Futter, ne! Zumal dies Unterfangen einen sehr bescheidenen Anfang nahm. In eine bereits existierende sechsseitige Tabelle waren nämlich irgendwelche Buchtitel samt wenigen Stichworten zu deren Charakteristik einzutragen. Dat war vielleicht ne dröge Anjelejenheit. Und so laaangwierich.

Es ging dann auch wieder einige Zeit ins Land, ich hatte dieses pseudo-poetische Geliste beinahe schon wieder vergessen. Doch auf einmal machte sich mein Meister daran, seine diesbezügliche bescheidene Stichwortsammlung zu einem ganzen Aufsatz auszubauen und zu verschriftlichen. Sie werden sich denken können, daß ich sogleich Feuer und Flamme war. Daß mein Herr dabei aber jemals die Struktur dieses Textes schriftlich fixierte, kann ich nach Rücksprache mit meinen treuen Adlaten, dem WORD und der WEBCAM, ausschließen. Die dürfte er dann wohl im Kopf entwickelt haben, ob nun vor oder erst während der Niederschrift, bleibt ungewiss. Doch scheint er mir den ersten Absatz, nennen wir ihn die fußball-spielerisch-unterhaltende Hinführung, handschriftlich vorbereitet zu haben. Denn wie meine wunderbar wunderfitzige Webcam beobachten konnte, lag anfangs eine eng beschriebene Kladde vor meinem Rumpf, auf die mein Chef bei der Niederschrift offenbar stets herabblickte. Darauf folgte jedenfalls die Präsentation des ominösen Gedichts sowie eine Bestimmung seiner speziellen Machart. Daran anschließend gab mein guter B. einen gerafften Forschungsüberblick. Ehe er zu seiner eigenen Interpretation überging. Angefangen mit den historischen Assoziationen, welche sich ihm bei der Beschäftigung mit den Orts- und Zeitangaben wohl förmlich aufgedrängt haben müssen und die anscheinend auch den Ausgangspunkt seiner ganzen Betrachtungen darstellen. Denn hier wie auch bei der erwähnten Hinführung wischte er so flink über meine Tasten – allenfalls unterbrochen durch allfällige Vertipper, die bei ihm nur leider keine Seltenheit sind -, daß es mir wahrlich warm wurde ums Herz. Gepflegter höherer „Unsinn“ oder relativ freies Fabulieren über eine fixe Idee oder eben ohne fixiertes Ziel wie gerade hier gehen ihm jedenfalls deutlich leichter von der Hand. Nach allem was man so hört, erhält er seine Inspiration dabei häufig im Bad, sei es nun beim Zähneputzen, auf der Toilette oder unter der Dusche. Früher, lang, lang ist’s her, noch in Vor-Corona-Zeiten, auch mal auf relativ ausgedehnten Busfahrten ins Städtle. Wo einen die Muse eben so küssen tut.

Beim Forschungsüberblick geriet er dann allerdings erstmals etwas ins Stocken. Was sich bei dem argumentativen Teil der Interpretation leider wiederholte. Die Pausen nahmen nicht nur an Zahl zu, sondern dauerten auch länger. Ich fürchtete ja beinahe schon, demnächst in den Stand-by-Modus versetzt zu werden. Das rührte daher, vermute ich einfach mal an, daß er hier sich seiner Sache und dem genauen Fortgang nicht mehr ganz so sicher war und daher Worte wie Satzbau genau wägte. Da hatte mein Herr jedenfalls längst schon die Begleitmusik abgestellt, die sonst bisweilen seine Schreibaktivitäten untermalt. Auch damit darf ich ihm übrigens, in Konkurrenz freilich zu seiner Stereo-Anlage, zu Diensten sein, halte ich doch stets einen reichen Fundus an feinen selbst zusammengestellten mp3-Playlists vor. Doch ich schweife ab. Es begab sich dann immerhin, daß der Chefe seinen Arbeitsplatz vorübergehend auf den Balkon verlegte, der Frühsommer machte sich mit Macht bemerkbar. Wenn nur das Balkontischchen nicht so wackelig gewesen wäre, uarrgh! Aber dank meiner Cam konnte ich nun immerhin einen weiten Blick in die besonnte Nachbarschaft und den blauen Himmel genießen. Das schien auch meinen Besitzer etwas zu beflügeln, Denn nun bediente er meine Tastatur wieder etwas flotter. Daß er dabei nur spärlich bekleidet dasaß? Who cares! Miss Webcam schweigt jedenfalls. Was immer das nun heißen mag. Das letzte Interpretament sowie der Schluß basierten gleichwohl wieder auf einer handschriftlichen Vorlage, welche vermutlich auf einer Bahnfahrt gen Nordosten unseres Ländles entstanden war, wie ich mir von meiner Big Sis hab sagen lassen. Aus welcher dubiosen Quelle sie diese Info nun schon wieder erhalten haben will, möchte ich allerdings lieber nicht wissen.

Korrekturen nahm mein Meister dann kaum welche vor, das geschieht meist unmittelbar. Ich durfte stattdessen mein Mail-Programm anweisen, sein Oeuvre irgendeinem Herrn Professor zur Begutachtung zu schicken. Dieser merkte dann auch wenig sprachliche Kosmetik an. Er empfahl ihm allerdings, eine ausgeuferte Fußnote in den Haupttext zu integrieren. Gesagt, getan. Und wieder das Mail-Programm bemüht. Raus ging die extra-ordinäre Fußball-Poeterei an diverse Fachperiodika. Von zwei Zeitschriften mußte ich meinem Herrn zu meinem großen Kummer Absagen übermitteln. Der Herausgeber der dritten biß allerdings an – war das eine Freude, vor lauter Überschwang stürzte ich beinahe ab. Einige Wochen später durfte ich unter Anleitung sogar am Layout herumspielen, in der Art auch eine Premiere für Word und mich. Und wie mir die liebe Webcam kürzlich steckte, sollen vorvergangenen Samstag auch endlich die angekündigten Sonderdrucke eingegangen sein, denn der Aufsatz sei mittlerweile veröffentlicht. Wie auch der Webbrowser ganz aufgeregt zu berichten wußte …

Nicht nur Gewölk – oder apropos Zürich.

Im Märzen ’19 weilte ich anläßlich einer Usschdellig mal wieder in Zürich. Welche Kunstrichtung bzw. welches Thema mich damals tatsächlich zu dem Besuch animierte, weiß ich heute leider gar nicht mehr zu sagen. Doch aus zweierlei Gründen blieb mir dieser Cooltour-Trip anschließend in Erinnerung.

Zunächst verfuhr ich mich nämlich böse, da ich am Autobahn-Ende statt rechts runter abzubiegen geradeaus fuhr. Ich bildete mir nämlich ein, ich würde den rechten Weg rein aus der Erinnerung finden und hatte demnach überhaupt keine smarte Wegunterstützung zur Hand. Das mag für sich genommen zunächst gar nicht tragisch sein. Sind doch Männer per se die geborenen Pfadfinder ;-). Ich fuhr indes, aus lauter Freude darüber, daß ich mich einigermaßen wieder orientiert hatte, offenbar bei Rot über eine Ampel. Was ich freilich überhaupt nicht bemerkte, zumal auch kein Blitzer auslöste. Für mich überquerte ich den Strich noch bei Gelb. Der Wochen später eingetrudelte Strafzettel wies jedoch etwas anderes aus. Zähneknirschend bezahlte ich das nicht zu knappe Sümmchen, da ich mir ziemlich sicher war, daß ein Widerspruch hier nicht fruchten würde. Außer Spesen nix jewesen …

Davon wußte ich damals natürlich noch nichts. Wie ich also das Museumsgebäude wieder verließ, strahlte mich die Frühlingssonne so verführerisch an, daß ich spontan beschloß, noch ein wenig zu bleiben und in den nahen Gässchen der Altstadt bzw. unten an Fluß und See herumzuschlendern. Zumal ich ja auch meine extra mitgebrachte Butterbrezel ihrer Bestimmung zuführen wollte, denn Cooltour-Genuß kann durchaus hungrig machen. Gedacht, getan: munter kauend und mit einem wachen Photo-Blick tigerte ich also los. Nach einem Abstecher ins Grossmünster – wo ich natürlich meinen Heißhunger nochmals bemeisterte – strebte ich die Uferstraße an der Limmat entlang und wechselte auch das Ufer hinüber zum Fraumünster, welches freilich so stark frequentiert schien, daß ich kurzerhand darauf verzichtete, die Chagall-Bilder dorten aufzusuchen. Ihr geheimnisvolles Blau hatte ich glücklicherweise schon bei anderer Gelegenheit bewundern können. Schließlich trieb es mich direkt ans Wasser (ob nun des Sees oder der Limmat, weiß ich leider nie so genau). Auf diesem spontanen Streifzug entstanden einige Photos. Irgendwie besonders angetan haben es mir freilich die folgenden „Untersichten“, warten doch auch unter Brücken manch überraschend ansprechende Ausblicke auf Entdeckung. Der junge Mann im weißen Anorak fütterte übrigens die diversen Wasservögel. Er, das mittelalterliche Paar, das braven Statisten gleich so stille stand, und alle anderen sind mir jedenfalls gänzlich unbekannt.

Der beseelende Sonnenschein begleitete mich übrigens noch die ganze Rückfahrt über. Weshalb ich, wieder zurück in der Heimat,  kurzerhand noch einen Schlenker gen Westen einlegte, nun den Sonnenuntergang an „meinem“ See zu photographieren. Zuhause ließ ich den Abend dann gemütlich ausklingen. Ich hatte einen kurzweiligen Tag mit eindrücklichen Bildern erleben dürfen und startete nun zufrieden und frohgemut in die anstehenden Ferien.

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Photographie © LuxOr

Der andere Blick …

„Störe meine Kreise nicht!“ So oder so ähnlich durchfuhr es mich, wie der Alm-Öhi urplötzlich mein rural-kontemplatives Mond-Motiv durchstrahlte. Damit nicht genug, platzierte er seinen gebrechlichen Opel-Kombi auch noch vermeintlich im Blickfeld meiner langzeitbelichtenden Kamera. Unvermittelt erstrahlte alsdann die Innenbeleuchtung, und die Heckklappe öffnete sich, der sogleich ein vorlauter Waldi entsprang. Im nächsten Augenblick ploppte eine Bierflasche auf. Die ohnehin schon skurrile Szenerie wurde schließlich noch untermalt von penetranter volkstümlicher Musik aus dem Autoradio.

Mit der Ruhe war es also vorüber. Und ich fürchtete für meine Aufnahme das Schlimmste wie überzeichnete Lichtquellen, denen kein Hintergrund stand hielte, bzw.  ein sich zumindest schemenhaft abzeichnendes Gelage (Oder, ärger noch, daß Waldi mich mitsamt meinem Stativ über den Haufen rennen könnte. Obwohl, was hätte das dann für ein grandioses Experimental-Photo werden können … :-)!). Wie ich endlich aber das finale Resultat im Kasten betrachtete, hatten sich diese Befürchtungen zu meiner Überraschung und Freude doch eher in Wohlgefallen aufgelöst. Verleiht doch die leuchtende Spur dem lunaren Moment eine gewisse merkwürdige Note … Frohe Ostern!

Photographie © LuxOr