In den allfälligen Rückblicken auf das Jahr steht allenthalben zu lesen, welche Reisen man nicht unternommen, welche Kultur-& Sportevents man nicht besucht oder welche Partys man nicht geschmissen habe. Das nächste Jahr werde darum umso aufregender. Komme man mir hier bitte nicht mit der ohnehin über Gebühr bemühten Freude am Leben – diese läßt sich jedenfalls nicht anhand der Länge der überwundenen Distanz oder der Menge der geleerten und achtlos weggeworfenen Bier- oder Weinflaschen oder der Gewalt und Lautstärke der wummernden Beats bemessen -, das ist Jammern auf hohem Niveau. Oder hat man da überhaupt etwas begriffen? Haben Ruhe und Einkehr weder Wert noch Wirkung? (Nie mehr wieder wird es wohl so angenehm still sein um mein Elternhaus herum in der ehemals stillsten Zeit im Jahr .. !) Ist die innere Öde so fortgeschritten, daß man allein in der betäubenden Sines-Berieselung und Beschleunigung meint Zuflucht finden zu können? In China wurde derweil eine Bloggerin und Journalistin zu vier Jahren Haft verurteilt, da sie „Streit gestiftet und Unruhe geschürt“ habe. Ihr Verbrechen: Im Frühjahr hat sie Videos über die erbärmlichen Zustände in Wuhan hochgeladen.
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Glück in dir
Glück. Die Suche, das Streben danach gleicht doch eher einem Langstreckenlauf über vielerlei Hindernisse hinweg ohne schlußendliche Aussicht auf Erfüllung. Weil wir uns dabei unweigerlich stets mit anderen vergleichen, also in vermeintlicher Konkurrenz zueinander stehen, und uns dadurch selbst unter Druck setzen. Und doch immer wieder verlieren. Nichts anderes mithin als ein Luxusproblem unserer medialen, kapitalistischen Gesellschaft, unserer westlichen Zivilisation.
Viel wichtiger erscheint da indes, das, was ist, und das, was man hat, schätzen zu lernen. Und zu akzeptieren, daß das Leben eben kein Schlotzer, kein Ponyhof oder Wunschkonzert ist. Daß es stattdessen geprägt ist von Ängsten, Verlusten, Rückschlägen und Enttäuschungen. Eines ist dabei jedoch gewiß: Auf allfälligen Schatten folgt auch immer wieder das wärmende, berührende Licht des Augenblicks, in dem wir zur Ruhe kommen und Frieden finden. Mögen wir hinfort also allein zufrieden sein – und leben.
Der echte Name für Glück ist Zufriedenheit.
Henri-Frédéric Amiel (1821-1881)
Westschweizer Schriftsteller und Philosoph.Lieben Dank an Herzpoeten.
Photographie © LuxOr
Im Leben kommt es nicht darauf an, ständig glücklich zu sein. Auch nicht, nach dem Glück zu suchen. Viel wichtiger ist, trotz all der Hindernisse, Krisen und Verletzungen, die das Leben für uns bereit hält, hoffnungsvoll zu bleiben; das Beste daraus zu machen und dem Leben positiv gegenüber eingestellt zu sein. Das ist Glück für mich, eine innere Einstellung zum Leben. Glück liegt in dir und insofern musst du es nicht suchen, sondern einfach das Leben so annehmen, wie es ist.
Wo mann gern leben tut
mens sana in natura sana oder mit sich selbst im Grünen sein.
Photographie © LuxOr
Monrepos – wo mann gern ruhen mag …
… oder der Gottesacker zur schönen Aussicht und stillen Einkehr.
Photographie © LuxOr
Verstummt.
Die Tage in meiner alten Heimat gewesen. Unter dem Eindruck der beginnenden Vergeisterstädterung. Ein ungewohnter, gar beklemmender Anblick. Dort nämlich, wo man an einem gewöhnlichen Werktag um die Mittagszeit ein geschäftiges Treiben antrifft wie auf einem Wimmelbild eines holländischen Meisters, herrschte nun eine beunruhigende Verlassenheit und Leere, beinahe einem Sonntagvormittag gleich.
Dem kann man einerseits durchaus etwas Positives abgewinnen. Die Kneipen und Schnell-Restaurants rund um mein Elternhaus sind mittlerweile alle dicht gemacht. Die hartnäckigen, beißenden Duftschwaden einer unheiligen Kombination aus verbranntem Fett, GeDönere und GeBratwürstl wichen einer frühlingshaften Frische. Einzug hielt zudem eine ungekannte Ruhe, beschallte uns doch niemand mehr mit stampfenden Bässen aus nächster Nähe von Mittag an bis weit nach Mitternacht. Nur das andächtige Zwitschern von Amsel und Spatz war noch zu vernehmen …
Doch irgendetwas an diesem überraschenden Idyll störte. Oder genauer, es fehlte mir eine Zutat, welche mich zwar schon manches Mal jäh aus dem Schlaf gerissen hatte. Die ich jedoch gerade in dieser Zeit der kollektiven Verunsicherung schmerzlich vermisste. Die Rede ist vom Glockengeläut unseres Münsters zur lieben Frau, welches normalerweise werktags kurz vor Sieben Uhr und dann nochmals vor Neun zum Gottesdienst einlädt. Zuvor läuten die Glocken bereits um Sechs den Tag ein. Im Ausnahmezustand der Corona-Pandemie untersagte der Staat freilich den Religionsgemeinschaften das öffentliche Feiern von Gottesdiensten. Eine Maßnahme, welche dem Schreiber dieser Zeilen zwar schon etwas Bauchgrimmen verursachte, die er andererseits aber angesichts der Lage auch akzeptieren konnte.
Wie nun also die Messfeiern auf höheres Geheiß hin einzustellen waren, ließ allerdings zumindest die Münster-Gemeinde auch ihr Glockengeläut verstummen. Was bei mir nun wiederum doch auf Unverständnis stieß. Klar, es findet zu der angegebenen Zeit nun keine Messe statt, zu der man rufen könnte. Aber lässt die Kirche mit diesem ihrem Verstummen nicht gerade ihre Gläubigen im Stich, wenn ihnen nun nicht einmal ein bewegendes Glockenspiel mehr Halt und Trost und Beistand verkündet? Kommt dies nicht beinah einer Kapitulation gleich, einem symbolischen Zurückweichen vor der Not des Alltags, einer Entweltlichung der Kirche gar oder einer letzten Entzauberung der Welt?
Photographie © LuxOr
Das Gewölk des Sonn-Tags
Zum Totensonntag …
ein Nachtrag in aller Ruhe und Frieden.
Photographie © LuxOr
Auf Garfields Spuren?
Warten – eine Art Palindrom …
Perspektivwechsel
Advent heißt Warten
Nein, die Wahrheit ist
Dass der Advent nur laut und schrill ist
Ich glaube nicht
Dass ich in diesen Wochen zur Ruhe kommen kann
Dass ich den Weg nach innen finde
Dass ich mich ausrichten kann auf das, was kommt
Es ist doch so
Dass die Zeit rast
Ich weigere mich zu glauben
Dass etwas Größeres in meine Welt hineinscheint
Dass ich mit anderen Augen sehen kann
Es ist doch ganz klar
Dass Gott fehlt
Ich kann unmöglich glauben
Nichts wird sich verändern
Es wäre gelogen, würde ich sagen:
Gott kommt auf die Erde!
Und nun lesen Sie den Text von unten nach oben!
Autor unbekannt. –
Dankenswerterweise von U. aus H. zur Verfügung gestellt und zur Weitergabe freigegeben.
Photographie (leicht manipuliert) © LuxOr
Übergänge …
Ja, so schnell kann’s dann manchmal gehen: tags zuvor nochmals lustvoll durchs Laub geraschelt, durfte ich Sonntag dann doch den ersten Schnee begrüßen. Nach diesem doch denkwürdig eintönigen – Hach, schon wieder bloß Sonne! – und noch dazu allzu regenarmen Sommer rechnete ich für den Winter nicht wirklich mit einer dieser Jahreszeit eigentlich angemessenen Kühle (mit der es zu Weihnachten allerdings offenbar schon wieder passé sein soll, schnüff!). Zumal die Niederschlagsmenge übern Herbst auch nicht wesentlich zunahm. Umso erfreuter war ich natürlich, als ich Sonntagmorgen den Rollladen hochzog und mir eine dichte Schneedecke entgegenstrahlte. Die Verzückung ging gar so weit, daß ich meinen ursprünglichen Plan, den Oskar K. auf einem Museumsplausch in Züri näher kennenzulernen, kurzerhand über den Haufen warf und auf den Februar verlegte. Und all das bloß, um genüßlich und andächtig über den zart gepuderten weißen Teppich der Natur zu knirschen. Stromerte denn auch ganze drei Stunden durch heimischen Wald und Flur, immer wieder aufs Neue ergriffen innehaltend vor der winterlichen Schönheit (unbewegtes Bildmaterial folgt jedenfalls ein anderes Mal).
Um ehrlich zu sein, Herbst und Winter sind mir die liebsten Jahreszeiten, vielleicht auch, weil ich ein Dezember-Kind bin. Frühling und Sommer haben durchaus ihren Reiz, die Bäume schlagen aus, man reckt und streckt sich, man hält sich wieder länger draußen auf, man lustwandelt, man flügelt aus, man wandert Rad, man schwimmt und was weiß ich nicht noch alles … Gleichwohl ist mir das Sommerhalbjahr aufs Ganze gesehen schlichtweg zu satt, zu intensiv, zu umtriebig. Unter der zweiten Jahreshälfte ist stattdessen alles gedimmt, das Licht wird weicher (so es der Nebel nicht umstandslos einfach schluckt, aber selbst das kann seinen Reiz haben, variatio delectat eben!), die Natur – und mit ihr bisweilen auch der Mensch – kommen zur Ruhe, die früher einsetzende Dunkelheit tut das Ihrige dazu, leise rieselt dann der Schnee und still und starr liegt der See … (Ausnahmen bestätigen freilich die Regel, über die notorischen Auswüchse über Sylvester und Fastnacht wollen wir hier aber kein weiteres Wort verlieren.) Kann allerdings, wer sich (nicht erst) nach dem ersten zarten Schneefall schon wieder nach der lichten Ausgelassenheit des Sommers sehnt, überhaupt zufrieden und achtsam im Hier & Jetzt leben? Simpel ist daher noch immer die Wahrheit, daß nur, wer Dunkelheit, Melancholie, ja mitunter auch Schmerz ausdrücklich zu akzeptieren und respektieren vermag, sich tatsächlich an der Rückkehr von Helle und Wärme recht erfreuen kann. Ich arbeite zumindest daran …
Bewegte Bilder © LuxOr
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Anmerkung in eigener Sache:
Je nach Zählweise handelt es sich bei dem vorliegenden Text um meinen neunundneunzigsten Beitrag unter LuxOrs. Nach verhaltenen, akademisch veranlaßten Anfängen im Jahre zehn nach der zweiten Jahrtausendwende und eher bescheiden-halbherzigen Wiederbelebungsversuchen (und noch unter anderem Namen) vor nunmehr auch schon wieder zwei, drei Jahren, schreibe ich seit mittlerweile 1 ¾ Jahren nun halbwegs regelmäßig (nicht nur) gut-wut-bürgerlich und neuerdings auch photo-romantisch. Gedankt sei an dieser Stelle – neben der geneigten Leserschaft – daher Dario schrittWeise, der mich letztlich dazu anregte, meinen wiederholten Kultur-Kritikastereien nach Gutmenschen-Art, geistig-humoristischen Pseudo-Höhenflügen und visuellen Machwerken bloglich freien Lauf zu lassen. Auch wenn er dann nicht immer d’accord ging mit dem ein oder anderen Resultat bzw. Kommentar …
Über allen Wassern ist Ruh …
In der Ruhe liegt die Kraft …
Vor einiger Zeit hatte ich einen Termin in der Stadt. Hierzu parkte ich unweit einer Kirche. Wie ich zurückkam, kam mir eine Frau in ihren Vierzigern in Begleitung einer Jugendlichen, ein End-Teenager wohl, mutmaßlich ihre Tochter, entgegen. Die Frau machte in freundlichem Ton in etwa den Vorschlag, „So, jetzt laß uns mal in die Kirche gehen!“. Worauf die Jüngere dies Ansinnen entrüstet von sich wies, „Niemals! Ich gehe in keine Kirche.“ Die Mutter versuchte es nochmals mit einer sanften, werbenden Stimme: „Ach, komm doch mit!“ Doch die Tochter blieb hart und wiederholte nur umso energischer ihr „Nein! Nein! Nein!“
Mir tat die Frau irgendwie leid. Was trieb die Junge, den Wunsch der Älteren so kategorisch abzulehnen? Sind junge Menschen heutzutage etwa nicht zur Kontemplation in der Lage? Können sie etwa keine Ruhe mehr ertragen? Oder fürchten sie in solchem Falle, mit sich selbst konfrontiert zu werden? Oder wissen sie mit sich allein ohnehin nichts anzufangen? Oder sind sie nicht einmal mehr empfänglich für die Schönheiten eines solchen Baues?
Jenseits der Versenkung ins Gebet kann es ganz praktische bzw. profanere Gründe für einen Kirchenbesuch geben. Denn sommers gewährt ein Kirchengebäude, insbesondere ein solches im romanischen oder gotischen Baustil, eine willkommene vorübergehende Abkühlung gegen die draußen herrschende Hitze. Und handelt es sich nicht gerade um einen touristischen Hotspot, ist ein Gotteshaus vor allem von Stille erfüllt, ein Fluchtpunkt vor äußerlichem Treiben. Aber insbesondere das betörende Spiel der Farben und Formen fasziniert immer wieder aufs Neue. Sich kurzerhand in eine Bank setzen und den Wechsel von Licht und Schatten auf sich wirken lassen. Oder die kunstvolle Architektur: filigran-verspielte Ornamentik, gewaltige Säulen oder auch schlanke, scheinbar leichthändig geschwungene, elegante Bögen und Gewölbe, bunte Ausmalungen, leuchtende, reich verzierte Hoch-Altäre, schillernde Fenster … Und man hält für einen Augenblick ehrfürchtig inne vor der Kunst der mittelalterlichen (oder frühneuzeitlichen) Bauherren. Ein Kirchenraum vermag die unterschiedlichsten Sinne anzusprechen, regt unser ästhetisches Empfinden an – und lohnt daher auch aus diesem Grunde unbedingt das Eintreten.
Photographie (minimal manipuliert) © LuxOr