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Ein Gedanke …

Cogitor, ergo sum.

Ich werde gedacht, darum denke ich,

oder: ich werde gewollt (geliebt), darum bin ich.

Franz von Baader (1765-1841)

SW, VIII, 339


Frohe Ostern allüberall.

Und hoffentlich in der Gewißheit, daß Ihr Euch auch geliebt fühlt.

Photographie © LuxOr

Ich seh‘ empor zu den Sternen …

Denkste!

Wie meine beiden Damen gerade vorhin zusammen den Online-Gottesdienst mitfeierten, kam mir ein gefühligs Liedl in den Sinn. Wohl auch unter Einfluß des heutigen Feiertags. Ja, meine Lieben, wer im Süden der Republik zuhause sein darf, der hat heute die dreikönigliche Feiertagsruhe weg. Wie dem auch sei, ich sang dies sakrale Stück vor Jahr und Tag mit meinem sonoren Baß selbst inbrünstig im damaligen Chörle mit. Und dachte nun noch bei mir, hej LuxOr, das wär doch jetzt ein passender Titel als Feiertagsgrüßle für den Blog. Flugs in meine Kemenate hochgestiegen, den Laptop aufgeklappt, die Du-Tube geöffnet und dorten die ersten Worte des Titels eingegeben. Doch o Schreck, wie fiel ich da aus allen schneeträchtigen Wolken! Ich hatte mich in einem winzigen, doch heuer entscheidenden Detail getäuscht: denn das Liedl lautet mitneffen auf den tagesaktuellen Namen „Ich seh‘ empor zu den Sternen“! Nein, sondern „den Bergen“ sollte eigentlich die ungeteilte Aufmerksamkeit meines Blickes gelten … Mon Dieu, quel malheur! Mit so viel alpiner Naturfreude im Kirchengesang kann aber auch wirklich niemand rechnen! Dennoch bleibt es ein stimmungsvolles, tröstlicches Lied. Zumal es auch eine von mir noch immer hoch verehrte blonde junge Dame zu ihrem Lieblingslied erkoren hatte … Daher mag ich es der werten Followerschaft nun auch nicht länger vorenthalten, here it is:

ubi caritas …

Ubi caritas et amor / Deus ibi est.

Auch zu Allerheiligen

Ola Gjeilo, Phoenix Chorale, Charles Bruffy – Northern Lights (Choral Works by O. G.)

(Chandos, CHSA 5100, UK 2012)

Das scheint schon wieder so weit weg zu sein. Dieses ergreifende Chorstück sangen wir auch mit Herzblut, beinahe auswendig, ein wahrer Klassiker. Auch wenn uns Herren der Schöpfung dieselben zwei, drei Stellen immer wieder aufs Neue herausforderten. Wir, wir waren ein kleiner, feiner studentischer Kirchenchor – ja, so etwas gibt es auch -, freilich schon  lange nicht mehr so gut besetzt wie auf Aufnahmen, die man auf YouTube so findet (Klar, es existieren klanglich deutlich bessere Mitschnitte als dieser hier, aber gleichzeitig war mir eben auch eine visuell betont nüchterne Aufnahme wichtig). Die Konkurrenz ist halt groß. Aber das störte uns nicht weiter, denn auch in relativ bescheidener, aber fester und treuer Besetzung erschienen wir jeden Montagabend freudig motiviert und stimmlich gut geölt zu den Proben. Und reichte unsere Sangeskraft doch so weit hin, daß wir jede Saison zwei, drei Gottesdienste mit Wohlklang begleiten konnten.

Besondere Bedeutung kam dabei, wie könnte es auch anders sein, dem tragenden Fundament zu, sprich: den sonoren Männern. Und das um so mehr, als allein mein Kollege und ich uns in den Tenor resp. Baß teilten. Alti und Soprani konnten sich wohl auf mehrere sichere Einzelstimmen stützen, doch machten wir beide das durch unser markantes Organ mehr als wett. Diese unsere Alleinstellung war, was mich betrifft, freilich auch durchaus mit etwas Lampenfieber verbunden. Denn ich singe eigentlich ausschließlich nach Gehör, kaum  vom Blatt, kann mich erst nach mehrmaliger exklusiver Wiederholung halbwegs eingrooven, habe darum an sich auch ganz gern eine sichere Stimme neben mir, an die ich mich dann umso lautstärker anhänge.

Doch gingen die Auftritte, unter heimlichem Üben auf der heimischen Couch versteht sich, zumeist ohne Fehl und Tadel und harmonisch ansprechend über die Bühne, äh von der Empore herab. Das lag nicht zuletzt auch an unserer Chorleiterin, die uns gewissenhaft und kompetent und offen für unsere Wünsche, dabei stets mit einem wachen Blick für das realistisch Machbare, vor allem aber mit ihrer natürlichen Fröhlichkeit und Zugewandtheit, die uns alle ansteckte, anleitete und begleitete (An dieser Stelle nochmals vielen Dank für die tolle Zeit mit Dir, liebe El!).

Und nach der Probe war auch noch lange nicht Schluß. Denn meist war damit dann erst der Barabend eröffnet, wo wir in lockerer Runde, aber mit einem festen Kern, teils noch deutlich über eine Stunde beisammenstanden und über Gott und die Welt plauderten. Das Montagabend-Bierchen war so mit der Zeit zu einem liebgewonnenen Ritual geworden, die Woche unbeschwert-gesellig zu beginnen, und dessen sichere Wiederholung sieben Tage später man beinah sehnsüchtig schon erwartete.

Und auf einmal soll es das gewesen sein. Gut, auch den letzten (und einzigen) Auftritt Mitte Julei durften wir bloß zu sechst bestreiten. Aber das Nachdenken, wie sich Proben und Auftreten im neuen Semester dann hätten verantwortlich gestalten lassen, hat sich mittlerweile wohl ohnehin erledigt. Zumal, was mindestens genauso schwer wiegt, der Posten der Chorleitung vakant ist. Denn unsere bisherige Leiterin hatte aufgrund zu erwartender beruflicher Mehrbelastung das Amt verständlicherweise frühzeitig zur Verfügung gestellt. Eine potentielle Nachfolgerin sprang dann allerdings aus irgendwelchen Gründen doch wieder ab. Vielleicht waren wir ihr zu sehr ein Wald- und Wiesen-Chor. Egal. Wir werden gerade wohl auch nicht die Einzigen sein, deren Sangeslust jäh unterbrochen wurde. Aber irgendwie traurig ist es schon. Wenn ich ehrlich bin, hat sich für mich persönlich durch die coronalen Beschränkungen bis dato eigentlich gar nicht so viel verändert. Das gemeinsame Singen und anschließende Beisammensein vermisse ich allerdings sehr (und daß Err mir bei der Gelegenheit gerne ein süffiges Weizen mit formvollendeter Schaumkrone credenzte, seufz. Und ganz zu schweigen vom ergriffenen Lauschen, wenn unsere holden Damen mal wieder engelsgleich ein Solostück darbieten durften und die Herren Tieftöner derweil rhythmisch klatschend zur dezenten Begleitung anhoben, schnüff!!). Und heuer ist es zum ersten Mal seit Jahren gar der Fall, daß ich zu Allerheiligen und dem gemeinsamen Grabbesuch mit der Familie nicht nach Hause gefahren bin (Auch wenn dieser aus ganz anderen Gründen so vermutlich überhaupt nicht stattgefunden hätte).

Ein wacher und verantworlicher Geist kann sich folglich den Dingen, die draußen in der Welt um ihn herum geschehen, nicht wirklich verschließen. Versuchen wir also das Beste aus der nicht eben unerwartet wieder eingetretenen Situation der Beschränkung zu machen, und in unseren verkleinerten Gemeinschaften – oder auch bloß in uns selbst -, caritas und amor zu geben und zu empfangen. Und wenn wir uns bloß durch Musik berühren lassen.

 

Das Unvorhergesehene …

oder was ist Geschichte?

„ (…) unmissverständlich klargemacht, dass es immer nur um das Eintreten des Unvorhergesehenen ging. Im Rückblick betrachtet, war das schonungslose Unvorhergesehene das, was wir Kinder in der Schule als „Geschichte“ lernten, harmlose Geschichte, wo alles Unerwartete zu seiner Zeit als unvermeidlich verzeichnet wird. Den Schrecken des Unvorhergesehenen lässt die Geschichtswissenschaft verschwinden, indem sie eine Katastrophe zu einem Epos macht.“

Philip Roth: Verschwörung gegen Amerika. Roman. Reinbek bei Hamburg 2007, S. 159.

Der sichere Stand.

Zum Vatertag

 

DER SICHERE STAND

Einst kletterte ein Kletterer über einen berüchtigten ungemein brüchigen Grat empor – und fürwahr! er war ein kühner Bursche: denn selbst von Zacken mit Zipperlein (die nur noch den erlösenden Rülps ersehnten, um die Fahrt nach dem Friedhof tief unten im Kar antreten zu können) rief er denen, die hinter ihm her kletterten, zu:

„Kommt immer nur nach! Habe sicheren Stand!“

Und einmal hielt er sich gar nur mit zwei Fingerspitzen der Hand an einem kaum sichtbaren Griff, doch schon rollte er rasch mit der Rechten das Seil ein und schrie:

„Sicherer Stand!“

– da seufzte sein Griff und brach ab: kopfüber flog er aus der Mutterwand und mit ihm unser Kletterer, während ein scharfer Stein schmunzelnd das Seil durchbiß – und erst nach fünfhundert Metern klatschte er wie eine reife Pflaume auf eine breite Geröllterrasse. Aber sterbend schrie er noch seinen Gefährten zu:

„Nachkommen! Sicherer Stand!“

War das ein Optimist!!

 

Ödön von Horváth: Der sichere Stand, Sportmärchen, in: Ders: „Ich bin nämlich eigentlich ganz anders, aber ich komme nur so selten dazu.“ Gedanken eines Aufrechten. Herausgegeben von Anna Schloss, Wiesbaden 2018, S. 108.

 

Das altbewährte Muster der Ewiggestrigen

  • Von Markus Wehner, Berlin
  • Aktualisiert am

Das Auschwitz-Komitee Deutschland würde den Tag der Kapitulation der Wehrmacht gerne zum Feiertag machen. Alexander Gauland ist dagegen. In Berlin vergewaltigte Frauen sähen das anders als damalige KZ-Insassen, sagt er.

(…)

Die Aufrechnung des A. Gau-leiter-land

Nein, niemals und nirgendwo sind deutsche Polizisten und Soldaten vergewaltigend, brandschatzend und mordend eingefallen?

Unschuldige Opfer sind bloß auf deutscher Seite in den Jahren 1945 folgende zu beklagen?

Ein gesetzlicher Feiertag ist stets in einem national-chauvinistischen Sauf-Feier-Gelage-Taumel zu begehen?

Selbstkritsche Reflexion, feierliches Gedenken, andächtiges Innehalten etwa für eine absolute Niederlage, für einen Vogelschiss der deutschen Geschichte?

Der Achte Mai ist trotz allem, was insbesondere Frauen um diesen Tag herum zu erdulden hatten, der Tag der Befreiung. Und Gott sei Dank der Tag der absoluten Niederlage. Woran zu gedenken man niemals ruhen darf (zumal mit den letzten Zeitzeugen alsbald auch die Erfahrung und Erinnerung aus erster Hand ausstirbt). Punkt.

 

übern Gottesacker …

 

Der Friedhof

Dort, wo gemach die Eb’ne in Wellen sich
zum Hügel aufschwingt, steht noch in gelbem Laub
ein Bäumepaar allein, ertrinkend
Kreuze noch dort in dem Herbstgesträuche.

Und still hinab verliert in die Weite sich
ein Weg. Den halten Bäume dir rot im Blick
lang noch, wenn schon ins Grenzenlose
alles verwehte -, vom Wind getrieben.

Da wandle die verwachsenen Pfade noch
zum Hügel auf und steh bei den Kreuzen lang,
und blick nach Westen, wo das letzte
Feuer versinkt in ein armes Glühen.

 

Johannes Bobrowski (1917-1965)

 

 

Photographie © LuxOr

Der andere Blick …

Mehr Licht!

Unscheinbar, aber wehrhaft – Licht ins Dunkel!

Photographie © LuxOr