Ehedem erblickte ich von meinem Balkon aus ein stolzes, weil widerständiges Laub-Bäumchen. Am Rande des Grundstücks gelegen, nah an einer Böschung sich erhebend, vis-à-vis des Funktionsbaues einer kleinen Werft, spendete es Schatten und bot wohl manchen Vogelfamilien ein Heim. Doch eines schönen Morgens wurde ich von ohrenbetäubendem Lärm geweckt; einem Überfallkommando gleich, rückte doch tatsächlich ein Baumfälltrupp an und sägte besagtes Bäumchen kurzerhand ab. Der darüberliegenden Ferienwohnung nahm es angeblich zu viel Licht und seine Äste trieben angeblich allzu raumgreifend. Daher senkte die Hausgemeinschaft den Daumen. Erwogen die Eigentümer denn nicht die Möglichkeit, das wackere Bäumchen beizeiten zurechtzustutzen, um diese grüne Mikro-Lunge weiter zu erhalten? Wie dem auch sei, und welche (vermeintlich) objektiven Gründe dem auch entgegenstanden: Dieser Baumfrevel, wie manch anderer auch, erzürnt den Schreiber dieser Zeilen jedenfalls bis heute. (Auch wenn es natürlich sein kann, daß der vorvergangene Dürre-Sommer Achtzehn unserem Bäumchen ohnehin den Garaus gemacht haben würde.) Dies sind nun die kläglichen Überreste des kleinen Biotops, bloßes Gestrüpp kaschiert kaum einen bemitleidenswerten Torso …
Szenenwechsel, einige wenige hundert Meter Luftlinie gen Osten in den nächsten Ortsteil.
Ein strammes Nadel-Bäumchen, frisch gepflanzt, in unmittelbarer Nachbarschaft eines immerhin schmucken Baumstumpfs, wartet ungeduldig darauf, luftige Höhen erklimmen zu können und über das Ufer zu wachen als weithin sichtbarer Solitär. Die Hoffnung bleibt …
Photographie © LuxOr