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Wessen Wohl und Wehe?

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Für mehr Tierwohl hatte die Borchert-Kommission eine Abgabe auf tierische Produkte vorgeschlagen. Das Landwirtschaftsministerium hat nun berechnet, wie sich das im Portemonnaie der Verbraucher bemerkbar machen könnte.

Was sind wir nicht generös und gönnen uns Monat für Monat die mediale Berieselung via Spotify, Netflix & Co im kostenpflichtigen Abo. Nicht zu vergessen die triple-geflateten Supa-Dupa-Handyverträge. Bis vor kurzem waren wir auch als Reiseweltmeister im Urlaub sehr spendabel. Und trotz der pandemie-bedingten Wirtschaftskrise ist das Sparvermögen der Deutschen bis zum Ende des zweiten Quartals auf den neuen Rekordwert von 6.55 Billionen Euro gestiegen.

Da scheint es mir doch mehr als recht und billig zu sein, eine mehr als moderate sogenannte Tierwohlabgabe – welch kruder Euphemismus! – von monatlich gerade einmal 2,90 Euro zu erheben. Die auch gerne doppelt so hoch oder noch höher ausfallen dürfte. Denn wenn schon sich von tierischen Produkten ernähren – an sich schon pervers, mea culpa! -, sollte uns die Produktionsweise und das Schicksal dieser „Ausnutztiere“ doch entschieden mehr am Herzen liegen und wert sein als unser mediales Opium oder unser Fernreisenrausch. Zumal auch vor dem Hintergrund eines beinahe schon sakralisierten Kultes des selbsoptimierten Körpers.

 

Noli me tangere!

Chrrrrhch! Einfach unverbesserlich übergriffig! Also, diese Zweibeiner genannt Menschen kennen keinen Anstand, keine Grenzen, keine Distanz. Da stellt mir dieser Bazi, dieser Lackel doch unverfroren nach und will mich sogar betatschen, so daß ich mich in Sicherheit bringen muß!

Dabei liegt es doch offen zutage: wo lebe ich, wo befinde ich mich denn? Genau, im Museum. Und also bin ich eine Museumskatze und einzigartig und als solche unter allen Umständen unberührbar! Das ist ein Ort der stillen Versenkung und gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Geschauten. Lange Finger sind da absolut fehl am Platze. Genieße lieber die herrliche Aussicht, Mann, und mach Dir dabei romantische Gedanken,

aber laß mich in Frieden! Also schleich Dich, ich sag’s Dir im Guten, sonst setzt’s doch noch Krallen-Krawall, Chrrrrhch!

Photographie © LuxOr

Das Maß aller Dinge oder homo lupo lupus est

Fürwahr, (nicht nur) die Obrigkeit weiß nicht recht mit Tieren umzugehen und Simpel finden sich allüberall. Jenseits des großen Teiches, in Oregon bspw., entbellt man beispielsweise Hunde.

einige flauschige Artgenossen der in den USA abgetönten Hunde / Quelle faz.net

Dabei könnte es gut sein, daß die alsbald stimmlich kastrierten Vierbeiner bloß Mittel zum Zweck in der Auseinandersetzung irgendwelcher Ego-Shooter sind. Aber vielleicht war das ja auch die einzige Möglichkeit, die Tiere vor einem Erschießungskommando zu retten, da drüben weiß man ja nie. Obwohl, andernorts ist man bereits wesentlich weiter und eben nicht so zimperlich. Da darf eine schießwütige Ordnungsmacht schon mal ihr Mütchen kühlen an unbeteiligten Artgenossen eines zugegeben in flagranti erwischten Todbeißers einer Rentnerin (Stetten a. k. M., 30.05.2017; Die Halter tragen hierbei allerdings wohl auch ein gerüttelt Maß Mitschuld am Schicksal ihrer Tiere durch vermutlich nicht artgerechte Haltung). Als hätte es da jedenfalls keine weniger finale Alternative mehr gegeben. Anderswo, in meiner Geburtsstadt nämlich, taten sich Ordnungshüter vor einigen Jahren dabei hervor, einen bei komplett geschlossenen Fenstern im PKW seines allzu dämlichen Frauchens eingesperrten Hund bei Sommerhitze kollabieren und sterben zu lassen.

Daß weite Teile der hiesigen Bevölkerung Einwanderung kategorisch ablehnen und Deutschland nicht das sicherste Pflaster für Migranten darstellt, durfte derweil Ende Juli ein eingewanderter Wolf am eigenen Leibe erfahren, der einem kaltblütigen Meuchelmord zum Opfer fiel und anschließend kurzerhand im nahegelegenen Stausee entsorgt wurde, ohne daß dem Lupo auch nur der geringste „Sachschaden“ an „Nutztieren“ zur Last gelegt werden konnte, was indes auch keine echte Rechtfertigung wäre (Schluchsee, 08.07.2017). Und irgendwo im Hessischen gedachte ein junger Mann Anfang des Jahres seine private wie berufliche Krise auf besonders kreative Weise zu lösen, indem er kurzerhand seinen vermeintlich besten Freund in einem Wald an einem Baum aufknüpfte. Den Hund eventuell im Tierheim abzugeben und sich stattdessen selbst den Strick zu geben, fehlte dem Typen offenbar die Einsicht und Courage. Und ob der Stadtfuchs, welcher sich bisweilen an den zu entsorgenden gelben Säcken vor meinem ehemaligen Wohnheim gütlich getan hatte, inzwischen eines natürlichen Todes erlegen ist, wage ich auch zu bezweifeln …

Und das sind bloß einige wenige Beispiele, Auswüchse, Extreme, die berühmte Spitze des Eisbergs gleichsam. Unzählige Tiere erleben Tag für Tag ein Martyrium in der Agrar- und Lebensmittelindustrie, in der Kosmetik- und der Pharma-Industrie, aber auch im „Sport“, und ganz besonders hinter den sogenannten eigenen vier Wänden. Fürwahr, der Mensch ist der selbsternannte und –ermächtigte Herr über die Schöpfung und ihr alleiniges Zentrum … Ob das aber letztlich auch im Sinne des biblischen Erfinders war?

 

Postscriptum, 18.11.2017:

Auch das Trumpeltier hat eine bemerkenswert differenzierte Meinung zu diesem Thema: Trump erlaubt Amerikas Großwildjägern Einfuhr von Elefantenköpfen