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Eine Mehrheit an der Opportunität vorbei oder die Zukunft der Genossen

Laut einer kürzlich veröffentlichten Forsa-Umfrage für das RTL/ntv-Trendbarometer spricht sich eine deutliche Mehrheit der Deutschen gegen eine Kurskorrektur der CDU unter einem/einer neu gewählten Vorsitzenden aus. Demnach begrüßten beinahe zwei Drittel (63 %)  aller Befragten (warum fragt eigentlich niemals einer mich?) den Schwenk der Christdemokraten in die Mitte. Aber auch wenn im Folgenden versucht wird, dies mit dem Argument zu untermauern, die Partei habe unter Helmut Kohl – also zu Zeiten, wo (nicht nur) die konservative Welt noch in Ordnung war, – ja mehr Wähler verloren als unter Angela Merkel, seien an dieser Meinung doch Zweifel angebracht. Und zwar aus zwei Gründen. Denn bleibt mit einem einseitigen Fokus auf die Mitte das Feld rechts der Union nicht unweigerlich unbesetzt? Gäbe man damit nicht die rechte  Flanke kampflos preis? Dort könnten sich dann nämlich die chronisch politisch-inkorrekten Radikal-Alternativen dauerhaft einrichten. Denn es ist wohl nicht anzunehmen, daß die AfD nur deshalb verschwindet, weil das Symbol einer ihr verhassten Politik, Angela Merkel, irgendwann in näherer Zukunft abtritt. Die Folgen dieser Politik sind ja vielmehr auch nach Ende dieser Ära aller Orten zu spüren. (Um etwaigen Mißverständnissen vorzubeugen, dies ist wohl gemerkt keine Kritik an der Merkelschen Entscheidung zur Grenzöffnung vom Sommer 2015!). Im Übrigen selbst kein CDU-Wähler, war der Schreiber dieser Zeilen bspw. auch enttäuscht von ihrer Abkehr von der Wehrpflicht oder ihrer Zustimmung zur Homo-Ehe.

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums gewänne dagegen die SPD u. U. wieder etwas Luft zum Atmen und politischen Überleben als (kleine) Volkspartei, verträte die CDU wieder konservativere Positionen (gelt, Langnese! ;-)). Andernfalls droht sie nämlich zwischen CDU und AfD auf der einen, Grünen und Linken auf der anderen Seite zerrieben zu werden. Und ob das für die politische Kultur in unserem Lande, welche in den letzten Monaten und Jahren ohnehin bereits merklich gelitten hat, auf Dauer so förderlich ist, wage ich doch zu bezweifeln.

Mag sein, daß die Sozialdemokraten handwerkliche Fehler begingen in Personal- wie Sachfragen (dieses ständige Abarbeiten an vergangenen Hartz-IV-Schlachten zeugt jedenfalls nicht gerade von Zukunftsgewissheit ebenso wenig wie das ständige Schrauben allein an der Rente), das Thema Soziale Gerechtigkeit bleibt jedenfalls nach wie vor akut. Angesichts der Tatsache, daß in einem hochindustrialisierten und vermeintlich kultivierten („das Land der Dichter und Denker“) Land wie Deutschland vergleichsweise kaum Bildungsgerechtigkeit herrscht, wie eine aktuelle OECD-Studie belegt, könnten die Genossen doch bspw. einmal ihr (schul-)bildungspolitisches Profil jenseits diverser Gemeinschaftsschulphantasie(-losigkeit)en und allein wahltaktisch motivierter Versprechungen von zusätzlichen Lehrerstellen schärfen. Und dies auch mit Blick auf die teils allzu fetischisierte Digitalisierung der Schule. Und da ein jeder gerade ohnehin von der (eben nicht bloß Segen spendenden) digitalisierten Welt schwadroniert, könnte sich die SPD der Aufgabe widmen, diesen gerade vor sich gehenden Strukturwandel aktiv sozial-verträglich mitzugestalten. Und da heutzutage sowieso alles mit allem zusammenhängt und alles politisch ist, ließen sich Bildung und Strukturwandel bestens in den größeren Rahmen einer Raum- und Infrastrukturpolitik einpassen, die für genügend bezahlbaren Wohnraum, sozial-kulturelle (es braucht ja nicht immer gleich eine Elb-Philharmonie zu sein!) und gesundheitliche Grundversorgung vor Ort und zuverlässige und realistische kollektive Mobilität von morgen (bitte kein neuerliches Stuttgart 21- oder BER-Fiasko!) sorgt. Das mag zunächst vielleicht politisch naiv klingen, und wahrscheinlich tauchen diese Fragen auch allesamt in einschlägigen Papieren der SPD auf (ich gebe zu, ich bin auch kein passionierter Leser von Parteiprogrammen). Doch dann müssen solche Themen auch entsprechend prominent besetzt, verlinkt und propagiert werden. Ob das allerdings in Regierungsverantwortung erfolgreich geleistet werden kann, scheint derzeit doch mit einem großen Fragezeichen versehen zu sein.

„Dämlichkeit kennt keine Grenzen“ oder eine Drehung um 180° …

Wer sich früher einmal als konservativ bezeichnete, der stellte sich entschieden gegen Auswüchse des reinen Kapitalismus wider Mensch und Umwelt und trat dementsprechend für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur oder, von einer christlichen Warte aus, der Schöpfung ein, ihrer Schonung und Bewahrung. Aber die Zeiten einer gesunden Fortschrittsskepsis konservativer Prägung als Korrektiv zu allzu fortschrittsgläubigen Liberalismus und Sozialismus scheinen lange passé zu sein. Nicht allein in den USA entpuppen sich Konservative heutzutage als Agenten eines ungezügelten Raubbau-Kapitalismus. Nein, auch in unserer BRD entblöden sich selbsternannte CDU-Konservative eines „Berliner Kreises“ nun offenbar nicht, die Einhegung des Klimawandels anzuzweifeln.  Das Klimaschutzabkommen von Paris, Klimaforschung als solche denunzieren sie als „moralische Erpressung“, dabei unterschlagend, daß Ihnen selbst jegliche Moral abgeht, außer vielleicht der, einzig und allein an der Sicherung des persönlichen Wohlstands interessiert zu sein. Das Wohlergehen späterer Generationen bzw. das Schicksal der Menschen in der unterprivilegierten, von Naturkatastrophen umso mehr heimgesuchten bzw. bedrohten südlichen Hemisphäre (man denke bspw. an die Insel-Staaten der Weltmeere) fällt dabei gänzlich aus dem Blick. Alles wird der uneingeschränkten, rücksichtslosen Beibehaltung, vulgo „Konservierung“,  der eigenen alles und alle vernutzenden Lebensform untergeordnet. Ein paar hungrige Mäuler weniger irgendwo „am Arsch der Welt“ sind hierbei durchaus zu verschmerzen, wenn nur dem absoluten eigenen Ziele dienlich. Anpassung an die sich zweifellos einstellenden klimatisch-geographischen Veränderungen, also das Abschmelzen der Polkappen, wird auch hier als notwendig erachtet – indem man kurzerhand eben das Nordmeer leerfischt und die arktischen Rohstoffe dem Raubbau preisgibt. Und solch ein Gebaren gar noch als Chance verkauft, welche die allfälligen Schäden an der Natur bei weitem aufwiege. Das mag kurzfristig vielleicht eine Stabilisierung des westlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodells bedeuten (auf Kosten der üblichen Verlierer freilich). Langfristig führt es jedoch zu dessen Zusammenbruch, solange man nicht an der Wurzel allen Übels ansetzt, einer künstlich angeregten und auf Neid und Bequemlichkeit basierenden, einzig materiellen Bedürfnisbefriedigung als eigentliches Opium fürs Volk.  Not tut allerdings ein grundlegender Wandel der Einstellung hin zu einer Art „bescheiden ist geil“. Doch wenn christ-konservativ zu sein künftig mithin gleichzusetzen ist mit einem blinden darwinistischen Manchester-Kapitalismus klassischer Prägung, dann Gnade uns Gott!