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Politik der Irrelevanz – oder Gleichmacherei durch Selbstverwirklichung

Jeder möge nach seiner Façon glücklich werden. Punkt. Und die eingetragene Lebenspartnerschaft – d’accord. Doch eins nimmt mich dann ziemlich wunder: warum streben die sich gesellschaftlich fortschrittlich Gebenden ihre Gleichberechtigung denn gerade mittels eines beinahe schon altmodisch zu nennenden Instituts wie der Ehe an? Und daß diese erzwungene Selbstverwirklichung einer Minderheit, ein Phänomen unserer Zeit, ausgerechnet mit einem weiteren Schritt hin zu einer gesellschaftlichen Nivellierung einhergeht, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Als ob man keinerlei Unterschied mehr dulden wolle, als wäre alles gleichwertig, als hätten jegliche Normen und Werte urplötzlich ihre Gültigkeit eingebüßt. Und das Grundgesetz soll dabei gar per einfaches Gesetz verbogen werden.

Das eigentlich Peinliche an der ganzen Angelegenheit ist hingegen das Gebaren eines Teils unserer Volksvertreter auf der vereinten Linken, erweitert diesmal um die notorisch befreienden Liberalen, und umgehend gefolgt von ihren sich regenbogig einfärbenden Claqueuren in den sozialen Netzwerken. Indem jene Parlamentarier dem (kaum notwendigen) Votum über die sog. „Ehe für alle“ eine historische Dimension andichteten, feierten sie ostentativ sich selbst, als ob brennende Probleme innen wie außen – Syrien und Ukraine, Euro und Brexit, Flüchtlingsintegration und Wohnraum, Energiewende, Infrastruktur und Bildung etc. – endlich einer zufriedenstellenden Lösung zugeführt worden wären. Beziehungsweise erst gar nicht existierten. Damit scheint ihnen jedoch das Gespür abhandengekommen zu sein, das Gespür nämlich für das Wesentliche, für Opportunität und Schicklichkeit. Für ein Wahljahr zumal ein beredtes Verhalten – und kaum einnehmend.