Archiv der Kategorie: Kommunikation

Narziß und WordPress oder sapere aude!

 

Zwischen Schön-Wetter-Beliebigkeit und Selbstarstellung.

Zwischen Kunsthandwerk und Schulaufsatzmonotonie.

 

Gleichgültigkeit gegenüber der Wirklichkeit,

Ignoranz gegenüber dem Weltgeschehen.

 

Alles gleichwohl bierernst und

ohne einen Hauch von Selbstironie präsentiert.

 

Dort, wo einzig ästhetisierende Gefolgschaft erwünscht ist,

ist ein kritischer Austausch unmöglich gemacht;

wo man sich selbstzufrieden in der Eitelkeit der steigenden Like-Klicks und Folgsamen sonnt,

kann es mithin niemals zu Weiter-Entwicklung kommen.

 

Leichtfertiges Sich-aus-der-Verantwortung-Stehlen,

Freiwillige Preisgabe der Ideen der Aufklärung.

 

Ohne einen Anspruch an sich selbst?

Gediegene Langeweile.

 

Dann ist es auch egal,

unter welchem gesellschaftlichen System man lebt,

sei es nun eine Demokratie oder eine Diktatur:

Man ist in jedem Fall system-konform.

 

Aber eben auch der Mann ohne Eigenschaften.

 

Kann es nicht noch ein bißchen mehr (potentielles) Unglück sein – oder was das Publikum begehrt und wie Medien arbeiten

Donnerstagabend vergangener Woche kam es bekanntlich zu einem Zugunglück südlich Freiburgs, bei dem der Lokomotivführer eines Güterzuges verstarb, als dieser durch die Kollision mit einem auf die Gleise herabgestürzten Teil einer Brücke entgleiste.

Als nähere Umstände noch nicht bekannt waren, titelte der Korrespondent noch nüchtern:

Zug kollidiert mit Brücke : Ein Toter bei Güterzugunfall südlich von Freiburg

  • Aktualisiert am 02.04.2020-22:20

Südlich von Freiburg ist ein Güterzug mit einer Brücke kollidiert und entgleist. Der Fahrer ist tot, mehrere Menschen werden verletzt.

(…)

Einen starken halben Tag später und mittlerweile in Kenntnis des weiteren Verkehrsgeschehens vor Ort um den Tatzeitpunkt, hat sich der Fokus in der Schlagzeile des Berichterstatters der FAZ deutlich gewendet:

Bahnunglück in Auggen : ICE entging knapp der Katastrophe

  • -Aktualisiert am 03.04.2020-14:11

Am Donnerstag ist ein Lokführer ums Leben gekommen, weil bei Auggen ein Betonteil von einer Brücke auf die Gleise gestürzt war. Wenige Minuten zuvor hatte ein aus Freiburg kommender ICE den Bahnabschnitt passiert.

(…)

Der beklagenswerte Tote findet zwar – ganz im Gegensatz zu den Verletzten – noch Erwähnung, steht aber nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, denn die Aussicht, daß ein ICE  aus den Gleisen hätte springen können, hätte doch viel mehr Tod und Drama versprochen, wonach das Publikum seit eh und je lechzt. Allein, es sollte nicht sein. Na, vielleicht dann beim nächsten Mal wieder …

 

Ein Buchtipp hierzu wäre Sontag, Susan (2003): Das Leiden anderer betrachten. Aus dem Englischen von Reinhard Kaiser, München, Wien.

Moon …

 

Inspiriert von Loriot und Badesalz

 

„Absolutely breath-taking!“

„Definiert das SciFi-Genre neu!“

„Ein bahnbrechendes Debüt!“

„Täuscht Spielfilmlänge vor.“

„Sprengt Genre-Konventionen.“

„Ein aufgehender Stern am Regie-Firmament!“

„Thrilling, shocking, marvellous!“

„Oscar-verdächtig.“

„Endlich, wir Deutsche können auch Genre!“

„Un auteur véritable.“

„Beweist Stilwillen.“

„Atmosphärisch dicht.“

„Definitely visionary.“

„Sabine La Mere grandioser denn je!“

„Die Verloreneit des Individuums angesichts der Kälte einer gnadenlosen Gesellschaft.“

 

Ars gratia Artis & (non-)sense of life-productions in association with Cinéma Lumière proudly present:

M O O N – under twilight testimony

An outrageous epic novel into the very heart of human deceit and humanoid decency by the astonishing newcomer L. LOtter. Slight horror meets a bold vision – don’t miss it!

 

Zufallsfilmchen 🙂 © LuxOr

Aufgeschnappt: Gesichtsbuch-Peinlichkeiten …

Neulich gesehen im sozialen Netzwerk (tummelte mich dorten eigentlich nur um einer Radioshowplaylist willen, leider dann doch vergeblich :-():

Du bist das beste was mir je passieren konnte. Ich bin dir dankbar für jeden Tag, den ich mit dir verbringen darf. Ich werde dich ewig lieben! Und dir für immer dankbar sein für die beiden wundervollsten Geschenke in meinem Leben. DANKE für neun wunderbare Ehejahre und alles liebe zum Hochzeitstag! Ich liebe dich!

Aha, welch Anlaß für ein Posting unter eingenem Namen an Hinz und Kunz, ein schiefer Hochzeitstag, so, so: Aber warum erklärt sie ihm ihre unverbrüchliche Liebe dann nicht in einem anderen, geschlossenen, privaten Rahmen, live, Aug in Aug, in trauter Zweisamkeit? Es ist natürlich nicht jedem gegeben, offen über seine Geühle, noch dazu in Bezug auf das unmittelbare Gegenüber, zu sprechen. Dann könnte frau aber immerhin noch auf eine individuell adressierte Nachricht zurückgreifen oder auf andere verschwiegene Kanäle wechseln. Wenn sie schon nicht fingerfertig-liebevoll eine selbst entworfene Karte anfertigen mag. Doch womöglich ist das beste (Stück?) auch nicht unmittelbar greifbar, leider nicht zugegen, unterwegs auf Montage, im Auftrage ihrer Majestät oder hinter schwedischen Gardinen, wer weiß das schon. Gut, befände ich mich an seiner Stelle, freute ich mich unter Umständen auch ein kleines bißchen darüber, so kleinlich wollen wir dann doch nicht sein. Mutmaßlich wäre ich aber eher peinlich berührt: über den Drang meiner Angetrauten zur Selbstdarstellung, über das Nachaußenkehren ganz eigener, privater Angelegenheiten, über das Publikmachen meines Beziehungsstatus, über den vor Kitsch triefenden Gefühlserguß für die Galerie. Denn was ist solch ein Bekenntnis dann noch wert, welches offensichtlich deutlich auf Außenwirkung berechnet ist? Es ist nichts anderes als Reklame in eigener Sache, Extro-Propaganda, Emotionsveräußerung, Objektsdegradierung einer Beziehung. Oder Verlust der Fähigkeit zu direkter Kommunikation, die Unfähigkeit, Gefühle im direkten mündlichen Austausch zu teilen (und also nicht per Tastatur), sich mithin gegenseitig emotional zu beschenken. Dem ach so sozialen Netzwerk sei’s hiermit gedankt. Solch ein Paar sitzt vermutlich einträchtig nebeneinander – wenn es dann tatsächlich einmal vereint ist, siehe oben -, ein jeder starrt gebannt auf seinen smarten Screen, unablässig beschäftigt mit „Zewa wisch & weg“. Und ab und an wird pflichtschuldigst, mechanisch nur und ohne eigentliche Emotion, ein Liebesschwur für Hinz und Kunz veröffentlicht. Beruht die Netzwerk-Affinität indes nicht gänzlich auf Beiderseitigkeit, sei hier schließlich noch eine Empfehlung ausgesprochen: Drum prüfe, wer sich ewig bindet! und der anderen Seite: Drum prüfe, bevor Du postest!