Archiv der Kategorie: Internationale Politik

Schlemmer-Tourismus auf den Gipfel: Aus dem Herzen gesprochen!

Anläßlich der heutigen Ansage des chilensichen Präsidenten, aufgrund der aktuellen sozialen Unruhen in seinem Lande den für Dezember angesetzten nächsten UN-Klimagipfel abzusagen, recht hat er, findet Minister Müller (CSU), unser Mann für die Entwicklungszusammenarbeit, die einzig rechten Worte (obgleich der Turnus unserer bescheidenen Meinung nach gerne auch noch länger sein dürfte):

„Es kann nicht zeitgemäß sein, dass jedes Jahr 20 000 Menschen für 14 Tage einmal um den halben Globus fliegen. Mein Vorschlag: Auf hochrangiger Ebene finden die Treffen nur noch alle zwei Jahre statt.“ Dazwischen sollten die Fachleute regelmäßig in kleineren Formaten arbeiten. Dies sei auch funktionaler, um substanzielle Fortschritte zu erzielen.

Mutmaßlich steht bei derlei Festivals ohnehin die Schlacht am kalten Buffet der After-Show-Parties um Austern udn Kaviar im eigentlichen Mittelpunkt des Interesses der Teilnehmer, das Klima stört da bloß.

Und andere unzeitgemäße Veranstaltungen und Formate, auf welche liebend gern verzichtet werden könnte, sind beispielsweise Olympische Spiele oder Fußball-Welt und -Europameisterschaften oder das Weltwirtschaftsforum Davos oder … Wie viel CO2 ließe sich damit doch sicherlich einsparen?

„In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod“, oder so ähnlich …

Na, ob das ma nich ins Auge geht. Die unendliche Geschichte geht weiter. Nach langem Ringen werden die Briten Mitte Dezember erneut an die Wahlurnen gerufen. Das alles beherrschende Thema dürfte wenig überraschend der leidige Brexit sein (und der Wahlkampf darüber wohl ein mit harten Bandagen geführter). Die brexit-kritische Opposition, welche sich bislang gegen Neuwahlen gesträubt hatte, geht jedoch mit völlig unterschiedlichen Voraussetzungen in diesen Wahlkampf. Denn Liberaldemokraten und schottische Nationalisten wollen den Austritt aus der Europäischen Union quasi ganz abblasen, setzen den regierenden konservativen Brexiteers also eine klare Alternativposition entgegen und stehen wohl nicht zuletzt deswegen in Umfragen gut da. Ganz anders Labour, die eigentlich größte Oppositionspartei. Nach deren Wahl-Agenda solle nochmals mit Brüssel verhandelt werden und dieser neue Vertragsentwurf dann durch ein neuerliches Referendum der Bevölkerung zur Entscheidung vorgelegt werden. Das mag auf den ersten Blick nicht unvernünftig klingen, zumal es durchaus ein demokratischer Prozess ist, auch vor dem Hintergrund, daß der Sieg der Austreter im (ersten?) Referendum auf nachweislich falschen Angaben beruhte. Doch auf den zweiten Blick überwiegen eher die Zweifel. Mal ganz abgesehen davon, ob sich Brüssel bzw. jeder einzelne Mitgliedstaat ein weiteres Mal auf Verhandlungen mit ungewissem Ausgang einließe. Es dürfte wohl schwer vermittelbar sein, wieso alles nochmals (komplett?) aufgeschnürt werden sollte, wo es schon schwierig genug war, überhaupt zu einem Vertragstext zu gelangen. Oder meint Herr Corbyn etwa noch immer, es besser machen zu können? Das grenzt schon an Hochmut und Größenwahn. Das Wahlvolk wäre jedenfalls wohl kaum amused über solch eine mutwillige Verlängerung des ohnehin schon allzu lange gegebenen hochnotpeinlichen Austrittstheaters. Darüber hinaus drückt Labour sich hierbei erneut um eine eigene deutliche Positionierung herum. Ob damit überhaupt noch ein Blumentopf zu gewinnen ist? Nun rächt sich jedenfalls endgültig das endlos unentschiedene Herumlavieren. Denn, wie schon der deutsche Barock-Dichter Friedrich von Logau (1605-1655) wußte, „In Gefahr und grosser Noth // Bringt der Mittel-Weg den Tod.“

Schande!

Und wieder einmal werden sie nach Strich und Faden betrogen. Ein Telephonat unter präpotenten Kraftmeier-Präsidenten genügt. Die Kurden, das größte Volk auf Erden ohne echte eigene staatliche Heimstatt, werden, nachdem sie ihre Schuldigkeit im Kampf gegen den sogenannten IS getan haben, unter hohem Blutzoll übrigens, aber im Gegensatz zu anderen entschlossen und erfolgreich, mal wieder vom vermeintlichen Verbündeten USA verraten, nicht anders als schon 1991 im Irak.  Auf daß Präsident Erdogan mit außenplitischen Abenteuern von inneren Widersprüchen, begleitet von einer Wirtschaftskrise, ablenken und die Fiktion der türkischen Staatsräson eines ethnisch homogenen Einheitsstaates aufrechterhalten kann. Aber unter NATO-„Partnern“ gewiss doch, die Schmerzgrenze liegt da hoch, Hauptsache, der Kantonist wird bei der Stange gehalten. Was ist unter diesen Vorzeichen eines amerikanischen Abzugs quasi über Nacht dann noch von Trumps bizarrem getwittertem Statement:

„if Turkey does anything that I, in my great and unmatched wisdom (! Hervorhebung LuXOr), consider to be off limits, I will totally destroy and obliterate the Economy of Turkey (I’ve done before!).“

zu halten? Ja klar, die Kurden waren ja damals, anno 1944, nicht mit von der Partie in der Normandie. (Die Türken freilich auch nicht!) Was das wiederum bedeuten soll, weiß wohl nur ein mit gottgleicher Weisheit beschlagener Meister. Wir Normalsterbliche müssen hingegen auf ewig ahnungslos bleiben. Wer kann so etwas jedenfalls überhaupt ernst nehmen? Zumal nach allem, was man weiß, für Donald T. absolut gar nichts „off limits“ zu sein scheint (Vielleicht sollte man ihn einfach nicht so häufig allein und ohne Skript telephonieren und twittern lassen und die Welt wäre eine friedlichere ..). Oder sind denn alle Trumpwähler bzw. der harte Kern seiner durchaus großen und stabilen Anhängerschaft bornierte Hinterwäldler?

Aber unter Umständen ist es tatsächlich der Fall, daß man sich in Europas Hauptstädten eher um die „drohende“ Rückkehr bislang in kurdischem Gewahrsam sich befindlichen IS-Kämpfer und -Sympathisanten oder aber um das Wiedererstarken des sog. Islamischen Staats oder um einen neuerlichen Flüchtlingszug gen Mitteleuropa den Kopf zerbricht  als um das Schicksal des kurdischen Volkes. Der Westen als eine auf Werten wie Gleichberechtigung, Selbstbestimmung, Verläßlichkeit und Bündnistreue basierende Idee existiert jedenfalls nicht. Wenig überraschend werden insbesondere die Balten darob einmal mehr aufhorchen.

PS: Eine unendliche Geschichte? Allzu späte Einsicht oder Dämlichkeit am Werk, Pt. II

Ist er etwa um seinen guten Ruf in einer künftigen Geschichtsschreibung besorgt? Der plötzliche Aktionismus von Labour-Chef Jeremy Corbyn befremdet doch eher, wirkt unglaubwürdig und kommt wohl eher zu spät. Denn hat er die aktuelle Einbahnstraße von Boris Johnson durch seine intransigente Haltung, durch seine quälende Weigerung, auch nur ein Schrittchen auf Theresa May und ihr zugegeben wohl nicht gerade optimales Austrittsszenario zuzugehen, nicht selbst nach Kräften heraufbeschworen? Hätte er sich beizeiten besonnen, hätte der Brexit – freilich noch immer so unnötig wie ein Kropf – in einer nationalen Kraftanstrengung einer Koalition der Vernünftigen in geordneten Bahnen über die Bühne gehen können, womöglich auch zu vorteilhafteren Konditionen für das Vereinigte Königreich dank einer geeinten „Heimatfront“. Zumal sich beide über das Was ja wohl grundsätzlich einig waren. Stattdessen wird uns nun schon seit Monaten ein Lehrstück der besonderen Art, ein Schmierentheater gegeben, nämlich wie weit es kommt, wenn man persönlichen Eitelkeiten, ideologischer Halsstarrigkeit, politischer Kurzsichtigkeit und populistischer Rücksichtslosigkeit nicht rechtzeitig Einhalt gebietet. Zum Fremdschämen! Denn die Zeche zahlen mal wieder Hinz und Kunz …

PS, 25.09.2019: Weit gefehlt offenbar, Jeremy Corbyn und seine Labour Party können sich nach wie vor nicht zu einer eindeutigen Positionierung über den Brexit aufraffen. Das mag der allgemeinen Spaltung der britischen Gesellschaft geschuldet sein, als deren Spiegelbild die Partei quasi zu betrachten ist. Doch kann es sich eine große traditionsreiche und staatstragende Partei wie Labour angesichts der weiteren krisenhaften Zupitzung einer nicht nur nationalen Frage tatsächlich leisten, andauernd nur herumzulavieren? Gerade auch in diesem Augenblick, wo die Zwangsbeurlaubung des Parlaments durch eine wenig zimperliche Regierung von höchster juristischer Seite als unrechtens verworfen worden ist und also eine glaubwürdige Alternativposition aufgebaut werden müsste? Zweifel daran sind durchaus angebracht, wie auch ein Blick auf aktuelle demoskopische Werte anzuzeigen scheint. Eine größte Oppositionspartei hat in Entscheidungssituationen von historischer Tragweite ernsthafte Orientierung anzubieten, sonst hat sie ihren eigenen Anspruch, Korrektiv einer in diesem konkreten Falle noch dazu entschlossenen Exekutive zu sein, nachgerade verwirkt.

Allzu späte Einsicht oder Dämlichkeit am Werk!

Ist er etwa um seinen guten Ruf in einer künftigen Geschichtsschreibung besorgt? Der plötzliche Aktionismus von Labour-Chef Jeremy Corbyn befremdet doch eher, wirkt unglaubwürdig und kommt wohl eher zu spät. Denn hat er die aktuelle Einbahnstraße von Boris Johnson durch seine intransigente Haltung, durch seine quälende Weigerung, auch nur ein Schrittchen auf Theresa May und ihr zugegeben wohl nicht gerade optimales Austrittsszenario zuzugehen, nicht selbst nach Kräften heraufbeschworen? Hätte er sich beizeiten besonnen, hätte der Brexit – freilich noch immer so unnötig wie ein Kropf – in einer nationalen Kraftanstrengung einer Koalition der Vernünftigen in geordneten Bahnen über die Bühne gehen können, womöglich auch zu vorteilhafteren Konditionen für das Vereinigte Königreich dank einer geeinten „Heimatfront“. Zumal sich beide über das Was ja wohl grundsätzlich einig waren. Stattdessen wird uns nun schon seit Monaten ein Lehrstück der besonderen Art, ein Schmierentheater, gegeben, nämlich wie weit es kommt, wenn man persönlichen Eitelkeiten, ideologischer Halsstarrigkeit, politischer Kurzsichtigkeit und populistischer Rücksichtslosigkeit nicht rechtzeitig Einhalt gebietet. Zum Fremdschämen! Denn die Zeche zahlen mal wieder Hinz und Kunz …

PS, 25.09.2019: Weit gefehlt, Jeremy Corbyn und seine Labour Party können sich nach wie vor nicht zu einer eindeutigen Positionierung zum Brexit aufraffen. Das mag der allgemeinen Spaltung der britischen Gesellschaft geschuldet sein, als deren Spiegelbild die Partei quasi zu betrachten ist. Doch kann es sich eine große traditionsreiche und staatstragende Partei wie Labour angesichts der weiteren krisenhaften Zupitzung einer nicht nur nationalen Frage tatsächlich leisten, andauernd nur herumzulavieren? Gerade auch in diesem Augenblick, wo die Zwangsbeurlaubung des Parlaments durch eine wenig zimperliche Regierung von höchster juristischer Seite als unrechtens verworfen worden ist und also eine glaubwürdige Alternativposition aufgebaut werden müsste? Zweifel daran scheinen durchaus angebracht, wie auch ein Blick auf aktuelle demoskopische Werte anzeigt. Eine größte Oppositionspartei hat in Entscheidungssituationen von historischer Tragweite ernsthafte Orientierung anzubieten, sonst hat sie ihren eigenen Anspruch, Korrektiv einer in diesem konkreten Falle noch dazu entschlossenen Exekutive zu sein, nachgerade verwirkt.