Archiv für den Monat November 2020

För allt …

 

För allt du hatar hos dig själv – förlåt dig själv.

För allt du älskar hos dig själv – förlåt dig själv.

För allt du skäms över.

För allt du är stolt över.

För allt du vill dölja.

För allt du vill visa upp.

För allt som inte blev som det skulle.

För allt du är.

För allt du ville vara.

 

Förlåt dig själv.

 


 

Für alles, was Du an Dir haßt – vergebe Dir selbst.

Für alles, was Du an Dir liebst – vergebe Dir selbst.

Für alles, dessen Du Dich schämst.

Für alles, worauf Du stolz bist.

Für alles, was Du verbergen möchtest.

Für alles, was Du vorzeigen möchtest.

Für alles, was nicht wurde wie es hätte sollen.

Für alles, was Du bist.

Für alles, was Du sein wolltest.

 

Vergebe Dir selbst.

 

Jonas Gardell

 

(Jonas Gardell: En komikers uppväxt, Stockholm 1994, S. 5)

 

 

Ein Zuckerle für zwischendurch …

das, wieder in Erinnerung gerufen, über manchen Kummer des Alltags hinwegträgt.

Die kleine Ef, mittlerweile auch schon stolze zweiundeinviertel Jahre alt, spricht, nach unserem gemeinsamen Nachtspaziergängle mit improvisierter Martins-Laterne und lichtstarker Taschenlampe, nach einer beschwingten Schaukeleinlage und Steinchenpflatsch unter Kunstlicht, versonnen vor sich hin: „Den El hab ich ganz doll lieb“. Oder so etwas Ähnliches. Und wiederholt’s wenig später gar nochmals! Wie habe ich mir denn diese Zuneigung verdient, denke ich bei mir, bin fast sprachlos vor Rührung und strahle innerlich.  Ja, wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder …

Erschreckend …

ist es, auf einmal selbst mitanschauen, miterleben zu müssen, wie jemand zusehends weniger wird, auch wenn es der gewohnte Gang der Dinge, der unvermeidliche Lauf des Lebens ist, man selbst aber, beinah wie gelähmt, hilflos beiseite stehen muß …

Letzte Dinge …

Gestern Abend die Langzeit-Doku im Ersten: „Expedition Arktis – Ein Jahr. Ein Schiff. Im Eis“ über die Mosaik-Expedition mit dem Eisbrecher Polarstern durch das (gar nicht mehr so) ewige Eis der Arktis geschaut. Eine künstliche Landschaft von bizarrer Schönheit und berückender Einsamkeit. Ein Gedanke hat mich im Anschluß dann etwas länger beschäftigt. Es hieß nämlich, diese Forschergeneration sei wohl die letzte, welche diese wüste Eiseswelt noch beobachten könne. Von welchen Dingen (oder eben auch Lebewesen od dgl.) wird man dereinst, in hundert Jahren oder so, darüber hinaus noch sagen müssen, W I R seien die Letzten gewesen, die ihrer ansichtig geworden wären …?

In Sachen Meinungsfreiheit …

Der Rapper Cashmo veröffentlicht ein Lied, in dem er davon erzählt, dass er als Deutscher in seinem Viertel diskriminiert worden sei. Er bekommt viel Zuspruch, aber auch etwas Kritik – auf die er dann maßlos reagiert.

(…)

Die (Meinungsfreiheit) gerät nicht dadurch in Gefahr, dass Menschen für ihre Kunst oder bestimmte Positionen kritisiert werden. Sondern dadurch, dass Kritisierte ihre Gefolgschaft auf Kritiker hetzen.

Dem bleibt nichts hinzuzufügen …

 

Auch das ein Zeichen von Toleranz …

Da wird allerorten bei Sonntagsreden die Gefahr beschworen, die vom Rechtsextremismus ausgeht. Und entschlossenes Vorgehen dagegen propagiert. Und nicht zuletzt die querulanten Demonstrationen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zeigen auf bestürzende Weise, wie weit verbreitet und öffentlich sichtbar der Antisemitismus mit seinen hanebüchenen Konstruktionen mittlerweile wieder ist. In dieser besorgniserregenden Situation sendet Sachsen, sendet Dresden ein sonderbares Signal der Toleranz. Verweigert sich selbst gleichzeitig nämlich den notwendigen eigenen Kontrapunkt. „Tut mir ja aufrichtig leid, aber Corona! Das kam alles so überraschend, wir hatten gar keine Möglichkeit, unser Konzept anzupassen“? Ein Armutszeugnis! Wenn das mal kein Wasser auf die Mühlen ist …

Gedenken an Pogromnacht

Dresden: Juden fassungslos über „Pegida“-Veranstaltung am 9. November

  • Aktualisiert am

Auch am Jahrestag der Novemberpogrome von 1938 darf die antisemitische und fremdenfeindliche „Pegida“-Bewegung in Dresden demonstrieren. Eine Gedenkveranstaltung wurde hingegen abgesagt.

(…)

 

Ach, was sind wir nicht progressiv …

„‘Toleranz impliziert, saß die tolerierte Sache moralisch tadelnswert ist. Weiterhin, daß sie änderbar ist. Von Toleranz gegenüber einen anderen zu reden, impliziert, daß es gegen ihn spricht, daß er jene Eigenschaft nicht ändert, die Gegenstand der Toleranz ist.‘ (…)

Toleranz schließt die Akzeptanz des Wertes des andern nicht ein; ganz im Gegenteil, sie ist eine weitere, vielleicht etwas subtilere und schlauere Methode, die Unterlegenheit des anderen noch einmal zu bekräftigen, und dient als warnende Ankündigung der Absicht, die Andersheit des anderen zu beenden – verbunden mit einer Aufforderung an den anderen, mitzuhelfen, das Unvermeidliche zustande zu bringen. Die bekannte Humanität der Toleranzpolitik geht nicht über die Zustimmung hinaus, den letzten showdown aufzuschieben – unter der Bedingung freilich, daß ebender Akt der Zustimmung die bestehende Ordnung der Überlegenheit weiter stärkt.“


Bauman, Zygmunt: Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit. Aus dem Englischen von Martin Suhr. Hamburg 20163 ( EV 1991, dt. 1992), S. 22, Anm. 4.

Clownesk …

Nicht die Polit-Clowns als solche sind das Erschreckende. Sondern daß sich offenbar immer wieder mehr als genug diensteifrige Lakaien finden, diesen clownesken Willen umstandslos zu exekutieren. Der Rest ist ungläubiges Schweigen … – und banges Warten!

 

Die USA …

 – ein Abgesang?

auf: Soundgarden – Superunknown, A&M Records (540215-2), 1994

Vor vier Jahren hatte ich am Vormittag einen Arzttermin. Ich stellte mir den Wecker so, daß ich ohne große Eile noch frühstücken, langduschen und hinausfahren konnte. Nichts Böses ahnend, öfffnete ich dann unmittelbar nach dem Aufstehen meinen Laptop, um mich schlau zu machen, wie sich denn die Amerikaner über Nacht entschieden hatten. Bei irgendeiner vorigen Wahl, mutmaßlich Obamas, war ich tatsächlich lange noch aufgeblieben und hatte die Wahlsondersendungen am TV verfolgt, aber irgendwann so um Dreie oder Viere in der Früh ausgeschaltet, weil einfach nichts geschah: „too close to call“, oder wie die das eben so nennen. Das folgende Ergebnis damals hatte mich dann aber immerhin bestätigt.

Mit dieser Gewissheit, es wird schon alles seinen rechten Gang gehen, ging ich denn auch vor vier Jahren zu Bett. Doch wie ich dann eben der breaking news auf meiner Hausseite, der Allgemeinen Zeitung für Deutschland, gewahr wurde, konnte ich meinen Augen kaum trauen: T, T, T und nochmal T! Das Unwahrscheinliche war eingetreten, der Super-GAU! Charakter und Anstand? Scheinbar allüberall überbewertet und diesseits wie jenseits des Atlantiks auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt! Wenn man sagt, jedes Volk hat die Regierung, die es verdient: was war das dann für ein eigentümliches Volk? Und welche Bedeutung  hatte dieses politische Erdbeben dann für uns in Deutschland, für Europa, für die Welt? Ich war wie gelähmt und las jeden greifbaren Artikel, von denen es (un-)erwartungsgemäß eine große Zahl gab, wohl irgendwie nach Halt und Orientierung suchend.

Den Arzttermin hatte ich darob beinah völlig aus den Augen verloren. Icherschien dann glaube ich über eine Viertelstunde oder noch länger zu spät, aber das war mir in diesem Moment so was von schnuppe. Der Arzt hatte denn auch durchaus Verständnis für mich und wir sprachen tatsächlich noch eine ganze Weile miteinander über die eingetretene Situation. So blieb mir wie vielen anderen eben nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden und auf die Checks ’n Balances der amerikanischen Verfassung und auf die Zivil-Courage des anderen Amerika zu vertrauen. Aber mit jeder weiteren Entgleisung und jedem neuerlichen Stilbruch stumpfte man zusehends ab und hoffte bloß noch darauf, diese Bad-Comedy-Show möge doch wenigstens im November Zwanzig, ohnehin ein denkwürdiges Jahr, endlich ihr Ende nehmen …

Wie wird nun die Welt ausschauen, wenn ich morgen Früh aufwache? Wird die Erde sich gleichmäßig weiterdrehen oder werden wir aus allen Wolken fallen, eine Schockstarre erleben, eine kurze trügerische Ruhe, die sich dann freilich geschwind in einer gewaltigen Implosion entladen wird? Ich habe mir jedenfalls schon mal vorgenommen, sehr zeitig aufzustehen. Und zur Sicherheit habe ich mir auch keine Termine auf den Vormittag gelegt …

ubi caritas …

Ubi caritas et amor / Deus ibi est.

Auch zu Allerheiligen

Ola Gjeilo, Phoenix Chorale, Charles Bruffy – Northern Lights (Choral Works by O. G.)

(Chandos, CHSA 5100, UK 2012)

Das scheint schon wieder so weit weg zu sein. Dieses ergreifende Chorstück sangen wir auch mit Herzblut, beinahe auswendig, ein wahrer Klassiker. Auch wenn uns Herren der Schöpfung dieselben zwei, drei Stellen immer wieder aufs Neue herausforderten. Wir, wir waren ein kleiner, feiner studentischer Kirchenchor – ja, so etwas gibt es auch -, freilich schon  lange nicht mehr so gut besetzt wie auf Aufnahmen, die man auf YouTube so findet (Klar, es existieren klanglich deutlich bessere Mitschnitte als dieser hier, aber gleichzeitig war mir eben auch eine visuell betont nüchterne Aufnahme wichtig). Die Konkurrenz ist halt groß. Aber das störte uns nicht weiter, denn auch in relativ bescheidener, aber fester und treuer Besetzung erschienen wir jeden Montagabend freudig motiviert und stimmlich gut geölt zu den Proben. Und reichte unsere Sangeskraft doch so weit hin, daß wir jede Saison zwei, drei Gottesdienste mit Wohlklang begleiten konnten.

Besondere Bedeutung kam dabei, wie könnte es auch anders sein, dem tragenden Fundament zu, sprich: den sonoren Männern. Und das um so mehr, als allein mein Kollege und ich uns in den Tenor resp. Baß teilten. Alti und Soprani konnten sich wohl auf mehrere sichere Einzelstimmen stützen, doch machten wir beide das durch unser markantes Organ mehr als wett. Diese unsere Alleinstellung war, was mich betrifft, freilich auch durchaus mit etwas Lampenfieber verbunden. Denn ich singe eigentlich ausschließlich nach Gehör, kaum  vom Blatt, kann mich erst nach mehrmaliger exklusiver Wiederholung halbwegs eingrooven, habe darum an sich auch ganz gern eine sichere Stimme neben mir, an die ich mich dann umso lautstärker anhänge.

Doch gingen die Auftritte, unter heimlichem Üben auf der heimischen Couch versteht sich, zumeist ohne Fehl und Tadel und harmonisch ansprechend über die Bühne, äh von der Empore herab. Das lag nicht zuletzt auch an unserer Chorleiterin, die uns gewissenhaft und kompetent und offen für unsere Wünsche, dabei stets mit einem wachen Blick für das realistisch Machbare, vor allem aber mit ihrer natürlichen Fröhlichkeit und Zugewandtheit, die uns alle ansteckte, anleitete und begleitete (An dieser Stelle nochmals vielen Dank für die tolle Zeit mit Dir, liebe El!).

Und nach der Probe war auch noch lange nicht Schluß. Denn meist war damit dann erst der Barabend eröffnet, wo wir in lockerer Runde, aber mit einem festen Kern, teils noch deutlich über eine Stunde beisammenstanden und über Gott und die Welt plauderten. Das Montagabend-Bierchen war so mit der Zeit zu einem liebgewonnenen Ritual geworden, die Woche unbeschwert-gesellig zu beginnen, und dessen sichere Wiederholung sieben Tage später man beinah sehnsüchtig schon erwartete.

Und auf einmal soll es das gewesen sein. Gut, auch den letzten (und einzigen) Auftritt Mitte Julei durften wir bloß zu sechst bestreiten. Aber das Nachdenken, wie sich Proben und Auftreten im neuen Semester dann hätten verantwortlich gestalten lassen, hat sich mittlerweile wohl ohnehin erledigt. Zumal, was mindestens genauso schwer wiegt, der Posten der Chorleitung vakant ist. Denn unsere bisherige Leiterin hatte aufgrund zu erwartender beruflicher Mehrbelastung das Amt verständlicherweise frühzeitig zur Verfügung gestellt. Eine potentielle Nachfolgerin sprang dann allerdings aus irgendwelchen Gründen doch wieder ab. Vielleicht waren wir ihr zu sehr ein Wald- und Wiesen-Chor. Egal. Wir werden gerade wohl auch nicht die Einzigen sein, deren Sangeslust jäh unterbrochen wurde. Aber irgendwie traurig ist es schon. Wenn ich ehrlich bin, hat sich für mich persönlich durch die coronalen Beschränkungen bis dato eigentlich gar nicht so viel verändert. Das gemeinsame Singen und anschließende Beisammensein vermisse ich allerdings sehr (und daß Err mir bei der Gelegenheit gerne ein süffiges Weizen mit formvollendeter Schaumkrone credenzte, seufz. Und ganz zu schweigen vom ergriffenen Lauschen, wenn unsere holden Damen mal wieder engelsgleich ein Solostück darbieten durften und die Herren Tieftöner derweil rhythmisch klatschend zur dezenten Begleitung anhoben, schnüff!!). Und heuer ist es zum ersten Mal seit Jahren gar der Fall, daß ich zu Allerheiligen und dem gemeinsamen Grabbesuch mit der Familie nicht nach Hause gefahren bin (Auch wenn dieser aus ganz anderen Gründen so vermutlich überhaupt nicht stattgefunden hätte).

Ein wacher und verantworlicher Geist kann sich folglich den Dingen, die draußen in der Welt um ihn herum geschehen, nicht wirklich verschließen. Versuchen wir also das Beste aus der nicht eben unerwartet wieder eingetretenen Situation der Beschränkung zu machen, und in unseren verkleinerten Gemeinschaften – oder auch bloß in uns selbst -, caritas und amor zu geben und zu empfangen. Und wenn wir uns bloß durch Musik berühren lassen.