Archiv für den Monat Januar 2020

Das unmöglichste Bild der Woche

Alle Jahre wieder …?

Klirrende Kälte? Schneefall? Zumindest mal regelmäßig Regen? Alles Fehlanzeige. Vor einigen Jahren wurden einmal feucht-milde Winter vorhergesagt. Letzteres ist tatsächlich eingetroffen, kann man dieser Tage für hiesige Breiten doch eigentlich bloß von einem verlängerten Herbste sprechen, dessen Temperaturen allenfalls durch den steten Nebel in winter-like Tiefen fällt. Feuchte und Nässe sucht man freilich vergebens, die Natur erholt sich kaum mehr von den allzu ausgedehnten sommerlichen Dürre-Perioden, die Pegelstände sinken stetig weiter, auch der Grundwasserspiegel, Uferzonen verbreitern sich, alles Fließende verkommt zu einem Rinnsal. So auch hier. Aus meiner Erinnerung heraus war es in den letzten Jahren jedenfalls niemals möglich, das tapfer sich wehrende Bäumchen in so großem Bogen zu umrunden. Ich sollte nun wirklich einmal ernsthaft daran gehen, meinen Wasserverbrauch spürbar zu drosseln ..

Photographie © LuxOr

Würdige Kandidaten!

So, Mario Draghi bekommt also durch den Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz verliehen. Der Mann also, welcher durch seine Klientelpolitik kontinuierlich ultraniedriger Zinsen (neben Anleihe-Käufen) zugunsten der über Gebühr soziale Wahlgeschenke verteilenden Regierungen der EURO-Südländer den gemeinen deutschen Sparer kalt enteignete. Oder haben wir da etwa etwas verstanden miß und Herrn Draghi  wird die Ehrung zuteil, da er durch billigen Konsum auf Raten die deutsche Wirtschaft nachhaltig angekurbelt hat? Wie dem auch sei, einen ähnlich würdigen Kandidaten solch einer Auszeichnung erblicken wir jedenfalls in Harvey Weinstein, welcher ganz selbstlos weltweit die Frauenbewegung einen großen Schritt vorangebracht hat. Und für Donald Te, ohnehin ja eigentlich ein deutscher Jung, wird sich sicherlich auch noch eine überzeugende Begründung finden. Auf daß endlich einmal mit der Humanitätsduselei vormaliger Verleihungen  aufgeräumt werde …

Mein Freund, der Baum …

Ehedem erblickte ich von meinem Balkon aus ein stolzes, weil widerständiges Laub-Bäumchen. Am Rande des Grundstücks gelegen, nah an einer Böschung sich erhebend, vis-à-vis des Funktionsbaues einer kleinen Werft, spendete es Schatten und bot wohl manchen Vogelfamilien ein Heim. Doch eines schönen Morgens wurde ich von ohrenbetäubendem Lärm geweckt; einem Überfallkommando gleich, rückte doch tatsächlich ein Baumfälltrupp an und sägte besagtes Bäumchen kurzerhand ab. Der darüberliegenden Ferienwohnung nahm es angeblich zu viel Licht und seine Äste trieben angeblich allzu raumgreifend. Daher senkte die Hausgemeinschaft den Daumen. Erwogen die Eigentümer denn nicht die Möglichkeit, das wackere Bäumchen beizeiten zurechtzustutzen, um diese grüne Mikro-Lunge weiter zu erhalten? Wie dem auch sei, und welche (vermeintlich) objektiven Gründe dem auch entgegenstanden: Dieser Baumfrevel, wie manch anderer auch, erzürnt den Schreiber dieser Zeilen jedenfalls bis heute. (Auch wenn es natürlich sein kann, daß der vorvergangene Dürre-Sommer Achtzehn unserem Bäumchen ohnehin den Garaus gemacht haben würde.) Dies sind nun die kläglichen Überreste des kleinen Biotops, bloßes Gestrüpp kaschiert kaum einen bemitleidenswerten Torso …

Szenenwechsel, einige wenige hundert Meter Luftlinie gen Osten in den nächsten Ortsteil.

Ein strammes Nadel-Bäumchen, frisch gepflanzt, in unmittelbarer Nachbarschaft eines immerhin schmucken Baumstumpfs, wartet ungeduldig darauf, luftige Höhen erklimmen zu können und über das Ufer zu wachen als weithin sichtbarer Solitär. Die Hoffnung bleibt …

Photographie © LuxOr

Selbstische Ignoranz bis in den Tod – und noch darüber hinaus!

Da haben die Damen und Herren Parlamentarier also den bequemen Weg gewählt. Und im Falle der Organspende bei festgestelltem Hirntod beim gestrigen Votum im Bundestag die ausdrückliche Zustimmung des Einzelnen zum Gesetz gemacht. Daß es überhaupt zu einer gesetzlichen Neuregelung gekommen ist, läßt darauf schließen, daß Not am Mann ist, sprich: der Bedarf an Spenderorganen ist hoch, die Bereitschaft zur Spende dagegen stagniert bzw. ist rückläufig. Mit der von Gesundheitsminister Spahn entworfenen Widerspruchslösung hätte dieser Trend eventuell umgekehrt werden können, wenn ein jeder zunächst einmal als Spender angesehen würde. Von einer staatlichen Bevomundung, einem Spendezwang quasi, kann dabei aber nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil, der gemeine Bürger wäre damit vielmehr angehalten, sich mit seiner eigenen Körperlichkeit und deren Endlichkeit auseinanderzusetzen. Und als Ergebnis dieser inneren Klärung stünde dann eventuell die Bereitschaft, einem Bedürftigen nach Eintritt des eigenen Todes einen letzten Dienst zu erweisen, auf daß jener die Möglichkeit erhalte weiterzuleben. (Zumal es einem auf dem Totenbett doch eigentlich egal sein kann, ob er oder sie denn noch „komplett“ verbrannt oder vergraben werde.) Oder eben auch nicht. Durch die nun akzeptierte Zustimmungsregelung wird der Bürger freilich von jeglicher Selbstprüfung entlastet. Da im Wesentlichen alles beim Alten bleibt. Denn ob eine dezente Anfrage bei irgendwelchen Behördengängen etwas an der bescheidenen Spendebereitschaft ändern kann, mag doch bezweifelt werden, Das bißchen Gemeinsinn opfert man lieber auf dem Altar einer selbstischen Ignoranz. Und den Leidtragenden ruft man derweil ob dieses Befundes zu, tragt euer Los mannhaft?

Solare Strukturen

Der Heimwerk-Photograph im Küchentrakt.

Denn auch drinnen lassen sich bisweilen photogene Sonnenblicke erhaschen,

haben auch Dinge des Alltags, haben auch Küchenutensilien ihre lichten Sonnenmomente.

Photographie © LuxOr

(N i c h t s wurde e x t r a ins Licht gerückt oder entfernt.)

 

Der andere Blick …

Weshalb den Panorama-Blick stets in die Horizontale schweifen,

wenn auch ein vertikaler Rücken, äh Himmel entzücken kann?

 

Photographie © LuxOr

Zivilisation, welche Zivilisation?

Violette Endivien                                                                                                                       Steglitz

Ich trat in ein üppiges Schlemmergeschäft ein, weil eine im Schaufenster ausgestellte, ganz besondere violette Art von Endivien mir aufgefallen war. Es überraschte mich nicht, daß der Verkäufer mir erklärte, die einzige Sorte Fleisch, für die dieses Gericht als Zukost in Frage käme, sei Menschenfleisch – ich hatte das vielmehr schon dunkel vorausgeahnt.

Es entspann sich eine lange Unterhaltung über die Art der Zubereitung, dann stiegen wir in die Kühlräume hinab, in denen ich die Menschen, wie Hasen vor dem Laden eines Wildbrethändlers, an den Wänden hängen sah. Der Verkäufer hob besonders hervor, daß ich hier durchweg auf der Jagd erbeutete und nicht etwa in den Zuchtanstalten reihen- weise gemästete Stücke betrachtete: »Magerer, aber – ich sage das nicht, um Reklame zu machen – weit aromatischer«. Die Hände, Füße und Kopfe waren in besonderen Schüsseln ausgestellt und mit kleinen Preistäfelchen besteckt.

Als wir die Treppe wieder hinaufstiegen, machte ich die Bemerkung: »Ich wußte nicht, daß die Zivilisation in dieser Stadt schon so weit fortgeschritten ist« – worauf der Verkäufer einen Augenblick zu stutzen schien, um dann mit einem sehr verbindlichen Lächeln zu quittieren.

Jünger, Ernst: Violette Endivien, in Ders: Das Abenteuerliche Herz. Zweite Fassung: Figuren und Capriccios, Stuttgart 2010 (EV 1938), S. 18.