Archiv für den Tag 30. Oktober 2019

Schlemmer-Tourismus auf den Gipfel: Aus dem Herzen gesprochen!

Anläßlich der heutigen Ansage des chilensichen Präsidenten, aufgrund der aktuellen sozialen Unruhen in seinem Lande den für Dezember angesetzten nächsten UN-Klimagipfel abzusagen, recht hat er, findet Minister Müller (CSU), unser Mann für die Entwicklungszusammenarbeit, die einzig rechten Worte (obgleich der Turnus unserer bescheidenen Meinung nach gerne auch noch länger sein dürfte):

„Es kann nicht zeitgemäß sein, dass jedes Jahr 20 000 Menschen für 14 Tage einmal um den halben Globus fliegen. Mein Vorschlag: Auf hochrangiger Ebene finden die Treffen nur noch alle zwei Jahre statt.“ Dazwischen sollten die Fachleute regelmäßig in kleineren Formaten arbeiten. Dies sei auch funktionaler, um substanzielle Fortschritte zu erzielen.

Mutmaßlich steht bei derlei Festivals ohnehin die Schlacht am kalten Buffet der After-Show-Parties um Austern udn Kaviar im eigentlichen Mittelpunkt des Interesses der Teilnehmer, das Klima stört da bloß.

Und andere unzeitgemäße Veranstaltungen und Formate, auf welche liebend gern verzichtet werden könnte, sind beispielsweise Olympische Spiele oder Fußball-Welt und -Europameisterschaften oder das Weltwirtschaftsforum Davos oder … Wie viel CO2 ließe sich damit doch sicherlich einsparen?

„In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod“, oder so ähnlich …

Na, ob das ma nich ins Auge geht. Die unendliche Geschichte geht weiter. Nach langem Ringen werden die Briten Mitte Dezember erneut an die Wahlurnen gerufen. Das alles beherrschende Thema dürfte wenig überraschend der leidige Brexit sein (und der Wahlkampf darüber wohl ein mit harten Bandagen geführter). Die brexit-kritische Opposition, welche sich bislang gegen Neuwahlen gesträubt hatte, geht jedoch mit völlig unterschiedlichen Voraussetzungen in diesen Wahlkampf. Denn Liberaldemokraten und schottische Nationalisten wollen den Austritt aus der Europäischen Union quasi ganz abblasen, setzen den regierenden konservativen Brexiteers also eine klare Alternativposition entgegen und stehen wohl nicht zuletzt deswegen in Umfragen gut da. Ganz anders Labour, die eigentlich größte Oppositionspartei. Nach deren Wahl-Agenda solle nochmals mit Brüssel verhandelt werden und dieser neue Vertragsentwurf dann durch ein neuerliches Referendum der Bevölkerung zur Entscheidung vorgelegt werden. Das mag auf den ersten Blick nicht unvernünftig klingen, zumal es durchaus ein demokratischer Prozess ist, auch vor dem Hintergrund, daß der Sieg der Austreter im (ersten?) Referendum auf nachweislich falschen Angaben beruhte. Doch auf den zweiten Blick überwiegen eher die Zweifel. Mal ganz abgesehen davon, ob sich Brüssel bzw. jeder einzelne Mitgliedstaat ein weiteres Mal auf Verhandlungen mit ungewissem Ausgang einließe. Es dürfte wohl schwer vermittelbar sein, wieso alles nochmals (komplett?) aufgeschnürt werden sollte, wo es schon schwierig genug war, überhaupt zu einem Vertragstext zu gelangen. Oder meint Herr Corbyn etwa noch immer, es besser machen zu können? Das grenzt schon an Hochmut und Größenwahn. Das Wahlvolk wäre jedenfalls wohl kaum amused über solch eine mutwillige Verlängerung des ohnehin schon allzu lange gegebenen hochnotpeinlichen Austrittstheaters. Darüber hinaus drückt Labour sich hierbei erneut um eine eigene deutliche Positionierung herum. Ob damit überhaupt noch ein Blumentopf zu gewinnen ist? Nun rächt sich jedenfalls endgültig das endlos unentschiedene Herumlavieren. Denn, wie schon der deutsche Barock-Dichter Friedrich von Logau (1605-1655) wußte, „In Gefahr und grosser Noth // Bringt der Mittel-Weg den Tod.“